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Kopten wählen neuen Papst

29. Oktober 2012

In Ägypten wählen die Kopten erstmals seit über 40 Jahren ihr neues Oberhaupt. Die drei Kandidaten mit den meisten Stimmen kommen in die nächste Runde. Der Nachfolger von Papst Schenuda III. wird dann per Los bestimmt.

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In koptischer Kirche in Kairo: Vater Bakhomius Vater Seraphim Vater Rafael (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

2412 Geistliche und Laien haben in der Synode in der Kairoer Markus-Kathedrale die Wahl zwischen zwei Bischöfen und drei Mönchen. Die drei Kandidaten mit den meisten Stimmen kommen in die nächste Runde. Die bekanntesten unter den Bewerbern im Alter zwischen 49 und 70 Jahren sind Bischof Raphael, ein gelernter Arzt aus Kairo, und Bischof Tawadros aus dem Nil-Delta.

Das Ergebnis des ersten Wahlgangs soll noch am späten Montagabend bekanntgegeben werden. Die Wahl war notwendig geworden, nachdem Papst Schenuda III. im März nach langer Krankheit im Alter von 88 Jahren starb. Er hatte der koptisch-orthodoxen Kirche 40 Jahre lang vorgestanden.

"Gottes Wille" entscheidet

In der zweiten Runde am Sonntag entscheidet dann das Los, wer das 118. Oberhaupt der größten christlichen Gemeinde im Nahen Osten wird. Die Namen der Bewerber werden in der Endrunde auf jeweils einen Zettel geschrieben und in einer Urne auf dem Altar der Kathedrale platziert.

Ein Kind mit verbundenen Augen zieht einen der Zettel heraus und bestimmt damit den nächsten Papst. So zählt nach Meinung der in Kairo versammelten Kopten letztendlich auch "Gottes Wille". Der neue Papst soll am 18. November feierlich eingesetzt werden und wird den Titel "Papst von Alexandria und Patriarch des heiligen Stuhls von St. Markus" tragen. Ägyptens Staatspräsident Mohammed Mursi, Staats- und Regierungschefs aus Europa, sowie Vertreter der Ökumene werden zur Zeremonie erwartet

Der frühere Papst der koptisch-orthodoxen Kirche, Papst Schenuda III. stand der koptisch-orthodoxen Kirche, Schenuda III. (Foto: dpa)
Papst Schenuda III. stand der koptisch-orthodoxen Kirche 40 Jahre lang vorBild: picture-alliance/dpa

Kopten fühlen sich benachteiligt

Der neue Papst wird sein Amt in einer Zeit antreten, in der sich Christen in der arabischen Welt immer benachteiligter fühlen. Immer wieder gibt es religiöse Unruhen zwischen Muslimen und Kopten mit tödlichem Ausgang. So waren Anfang 2011 vor einer Kirche in der ägyptischen Hafenstadt Alexandria in der Silvesternacht mehr als 20 Menschen bei einem Bombenanschlag getötet worden. Im Oktober desselben Jahres kamen bei blutigen Zusammenstößen zwischen Kopten und Muslimen in Kairo 26 Menschen, überwiegend Christen, ums Leben.

Seit dem politischen Aufstieg der Muslimbruderschaft häufen sich außerdem Meldungen über die Vertreibung von Kopten aus ägyptischen Dörfern und Städten. Für Aufsehen sorgte auch die vorübergehende Festnahme zweier christlicher Kinder wegen Gotteslästerung. Sie sollen einen Koran beschädigt haben. In Ägypten leben etwa acht Millionen Kopten. Sie machen zehn Prozent der Bevölkerung aus

"Wir brauchen einen tröstenden Vater"

Auch der Bischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland, Anba Damian, nimmt an der Abstimmung teil. Die Lage der Kopten in Ägypten sei im Moment sehr ernst: "Seit dem Arabischen Frühling ist es mit den Übergriffen immer schlimmer geworden", sagte er in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur und fügte hinzu: "Wir brauchen nicht nur einen Theologen, sondern auch einen tröstenden Vater."

Bischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland, Anba Damian bei Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin (Foto: Bettina Marx)
Anba Damian: "Die Lage für Kopten in Ägypten ist ernst'Bild: DW

Die koptische Kirche wurde der Überlieferung nach vor rund 2000 Jahren vom Evangelisten Markus in Ägypten gegründet. Die eigentliche koptisch-orthodoxe Kirche entstand nach dem Konzil von Chalkedon im Jahre 451. Damals unterlag der Patriarch von Alexandria im Dogmenstreit um die Natur Jesu Christi. Im Zuge der Islamisierung ab 640 traten viele Kopten zum Islam über oder wurden dazu gezwungen. Weltweit wird die Zahl der Kopten auf bis zu 15 Millionen geschätzt.

Oha/GD (dpa/afpe/kna)