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Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Nastase und Basescu

Manfred Götzke, DW-RADIO, 25.11.20043. Dezember 2004

Rumänien wählt. Unter den Präsidentschaftskandidaten haben zwei Favoriten abgezeichnet: Adrian Nastase, von den Sozialdemokraten und sein Gegner Traian Basescu vom Wahlbündnis der Nationalliberalen und Demokraten.

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Wahlen in Rumänien. Präsidentschaftskandidat Adrian NastaseBild: AP

Wer führt Rumänien 2007 in die EU? Um diese Frage geht es am Sonntag (28.11.), wenn ein neuer Präsident und ein neues Parlament gewählt werden. 15 Jahre nach dem Sturz des Diktators Nicolae Ceausescu haben die Menschen zwar Freiheit und Demokratie erlangt. Von der wirtschaftlichen Blüte anderer ex-kommunistischer Staaten wie Ungarn oder Tschechien ist Rumänien aber noch weit entfernt. Einzelheiten von Manfred Götzke:

Eines steht schon jetzt fest: Rumänien wird einen neuen Präsidenten bekommen. Denn der Amtsinhaber, der Ex-Kommunist Ion Illiescu, der das Land insgesamt zehn Jahre lang regierte, darf nicht noch einmal antreten. Zwölf Kandidaten stehen zur Wahl, doch nur zwei haben realistische Chancen auf das wichtige Amt, dessen Machtfülle mit der des französischen Präsidenten vergleichbar ist.

Kandidat Nastase

Prominentester Kandidat ist der derzeitige Ministerpräsident Adrian Nastase, Ziehsohn des amtierenden Präsidenten Illiescu. Drei Punkte sind für den Sozialdemokraten entscheidend: "Ich halte es für wichtig, in der nächsten Legislaturperiode eine Ausgewogenheit zwischen wirtschaftlichen Reformen und sozialen Programmen zu garantieren, um mehr Wohlstand aber auch einen sozialen Ausgleich zu schaffen. Zweitens ist ein schneller und guter EU-Beitritt wichtig für das Ziel, zusätzliche Ressourcen ins Land zu bekommen, damit die wirtschaftliche Entwicklung hier beschleunigt werden kann. Drittens brauchen wir weitere Reformen in Justiz und Verwaltung. Und schließlich müssen wir die Korruption bekämpfen."

Gegenkandidat Basescu

Ähnlich klingt auch das Programm des aussichtsreichsten Gegenkandidaten. Der Bürgermeister der Hauptstadt Bukarest, Traian Basescu ist Spitzenkandidat eines Bündnisses zwischen Nationalliberaler und Demokratischer Partei und setzt sich ebenfalls für einen schnellen EU-Beitritt und die Bekämpfung der Korruption ein.

Dass diese Themen wichtig sind, ist auch in der Bevölkerung unstrittig: Trotz Justiz- und Verwaltungsreformen sind die Gerichte und Behörden nicht unabhängig, Korruption ist im Gemeinderat ebenso tief verwurzelt wie in der nationalen Politik.

Die Frage ist nur, was die Politiker dagegen unternehmen. Die Opposition wirft der Regierung vor, selber korrupt zu sein. Traian Basescu: "Wir haben derzeit ein politisches System, das vor allem fürchtet, dass sein Machtmonopol gebrochen wird, wenn die Opposition gewinnt. Ich meine damit nicht die Ausübung von Macht, sondern das Geld, das die Regierung aus der Macht heraussäugt. Die Regierung hat vor allem das Ziel, diesen Clan der Kommunisten aus der zweiten Reihe an der Macht zu halten."

Kampf um Wählerstimmen

Nach der jüngsten offiziellen Umfrage liegt Iliescu zwar mit neun Prozent der Stimmen vor Basescu, doch diese Erhebung gilt nicht als neutral. Aufgrund inoffizieller Umfragen gehen Beobachter von einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden Kandidaten aus, zumal auch ein Drittel der Wähler noch unentschlossen ist. Um diese Unentschlossenen für sich zu gewinnen, versucht es die Nastase-Regierung mit Aktionismus: Zwei Wochen vor der Wahl hat sie die Renten erhöht. Außerdem trat Nastases Parteifreund Illiescu auf zahlreichen Wahlveranstaltungen auf - obwohl er als Präsident eigentlich zu Neutralität verpflichtet ist.

In manchen Punkten ähnelte der Wahlkampf dem in den USA: Weil die politischen Unterschiede zwischen den wichtigsten Kandidaten marginal sind, standen immer wieder persönliche Diffamierungen und Positionen zu Wertefragen wie der Homo-Ehe im Zentrum. Es gab verbale Schlammschlachten im Fernsehen und offene Briefwechsel, in denen sich die Kandidaten gegenseitig beschimpften. Der Oppositionskandidat Basescu, der vor der Wende Kapitän bei der Marine war, machte die kommunistische Vergangenheit von Regierungsmitgliedern zum Thema: "Der Unterschied zwischen denen und mir ist, dass ich in der kommunistischen Zeit einen guten, einen respektierten Beruf hatte. Einen Beruf, der mich gestählt hat. Und ich werde nicht locker lassen, bevor ich dieses Amalgam von politischen und persönlichen Wirtschaftsinteressen gebrochen habe."

Neben der Präsidentschaftswahl steht die Neubesetzung des Parlamentes an. Nach offiziellen Umfragen sind die Verhältnisse hier ähnlich wie bei den Präsidentschaftswahlen: Die Koalition aus Sozialdemokratischer und Humanistischer Partei liegt mit 44 Prozent vor der Allianz, die 35 Prozent der Wählerstimmen erhielte. Drittstärkste Partei würde demnach mit 13 Prozent die Partei "Großrumänien". Spitzenkandidat dieser rechtspopulistischen, nationalistischen Organisation ist Corneliu Vadim Tudor, der frühere "Hofdichter" des Rumänischen Diktators Ceausescu. Bei den letzten Wahlen waren die Nationalisten mit über 30 Prozent der Stimmen zweitstärkste Kraft.