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Kopf-an-Kopf Rennen bei ungarischer Parlamentswahl

3. April 2002

- Keine sichere Wahlprognose möglich

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Budapest, 2.4.2002, BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch, Jan Mainka

Mit einem Vortrag unter dem Titel "Parlamentswahlen im April - Beginnt die Zukunft oder der Systemwechsel zur Wohlstandsgesellschaft" fand am vergangenen Mittwoch (27.3.) die DWC-Vortragsreihe zu den diesjährigen Wahlen zum ungarischen Parlament ihren Abschluss. Referent des Abends war Imre Bednarik, der bei der meist gelesenen Tageszeitung "Nepszabadsag" für die Gebiete Parlament, parlamentarische Parteien und Regierungsarbeit verantwortlich ist.

Einleitend stellte Bednarik das ungarische Wahlsystem sowie die Ergebnisse der drei vorangegangenen Wahlen kurz vor. Bei der Darstellung der momentanen Situation ließ er keinen Zweifel daran, dass es bei den diesjährigen Wahlen zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden großen Parteien kommen wird. Während Meinungsumfragen 1994 schon Wochen vor den Wahlen keinen Zweifel mehr an einem MSZP-Sieg ließen, lassen derzeitige Untersuchungen keine sichere Prognose zugunsten einer der beiden großen Parteien zu.

Während Meinungsforscher Szonda Ipsos auf Grund einer im März durchgeführten Befragung der MSZP die größeren Chancen zum Sieg einräumt, kommt eine Untersuchung von Gallup zum gegenteiligen Ergebnis. "Die Wahrheit über die derzeitigen realen Kräfteverhältnisse liegt irgendwo dazwischen", so Bednarik.

Nicht unwesentlich für den Ausgang der Wahlen sei das Abschneiden der kleinen Parteien. Dies hänge wiederum stark von der Wahlbeteiligung ab. Je höher sie ausfällt, um so schlechter für diese. Eine Wahlbeteiligung von 75 Prozent, wie sie dem Modell von Gallup zugrunde legt, halte Bednaik allerdings trotz des heftigen Wahlkampfes für übertrieben. Er rechne eher mit einer Beteiligung um 65 Prozent, ebenso wie 1994. Bei den letzten Wahlen lag die Beteiligung sogar nur bei 55 Prozent.

Prinzipiell haben vier Parteien eine reale Chance, ins Parlament zu kommen. Neben den beiden Großen seien dies die MIEP und der SZDSZ. Dass eine der beiden großen Parteien eine absolute Mehrheit erzielt, halte Bednarik für weniger wahrscheinlich als eine relative Mehrheit. In diesem Fall bräuchte der Wahlsieger für die Regierungsbildung einen Verbündeten. Bei der MSZP gibt es keinen Zweifel, dass sie mit dem SZDSZ eine Koalition eingehen würde. Der Wunsch beider Parteien, die jetzige Regierung abzulösen, sei stärker als eventuelle strittige Fragen in den Parteiprogrammen.

Für den Fidesz ist die Situation nicht so einfach. Wenn er die absolute Mehrheit verfehlt, braucht er auf jeden Fall einen Verbündeten. Nach der Zersplitterung der FKGP komme dafür nur die MIEP in Frage, vorausgesetzt natürlich, dass sie imstande ist, vorher die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen. Doch selbst wenn die MIEP wieder ins Parlament einzieht, ist die Situation für den Fidesz nicht einfach.

Trotz aller Annäherungsversuche an das Wählerlager der MIEP wisse die Fidesz-Führung nämlich genau, dass eine offene Koalition mit der rechtsextremen Partei außen- wie innenpolitisch kaum vertretbar wäre. So würde als einzige Alternative für diesen Fall eine von der MIEP tolerierte Minderheitenregierung bleiben, vorausgesetzt wiederum, dass der Fidesz im Interesse des Machterhalts bereit ist, der MIEP den dafür geforderten Preis zu entrichten. (ykk)