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Kopenhagen: Mutmaßlicher Attentäter tot

15. Februar 2015

Nach den Terroranschlägen hat die Polizei den mutmaßlichen Täter getötet. Es gibt auch erste Ermittlungsergebnisse: Der Täter war dem Geheimdienst offenbar bekannt. Zwei Personen wurden festgenommen.

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Dänemark Anschläge in Kopenhagen
Bild: Reuters/H. Hanschke

Terror in Dänemark, ein Land unter Schock. Der erschossene mutmaßliche Täter ist nach Angaben der Ermittler 22 Jahre alt, in Dänemark geboren und der Polizei unter anderem durch Gewaltdelikte und Verstöße gegen das Waffengesetz bekannt. Die Polizei sucht auf Hochtouren nach dem Motiv und möglichen Komplizen, nachdem sie den mutmaßlichen Täter bei einem Schusswechsel vor dessen Haus am frühen Morgen getötet hat.

Erste Erfolge konnte sie schon erzielen: Bei der Stürmung eines Internetcafés in Kopenhagen, seien zwei Verdächtige festgenommen werden, wie ein Polizeisprecher sagte. Außerdem durchsuchte die Polizei mehrere Wohnungen in dem Stadtviertel Nörrebro, in dem der mutmaßliche Täter gewohnt hatte und am Morgen erschossen worden war.

Der Schütze sei "auf dem Radar" des Geheimdiensts gewesen. Es gebe bisher keine Erkenntnisse, ob der aus Kopenhagen stammende Mann auch nach Syrien oder in den Irak gereist war, um sich dort einer islamistischen Terrorgruppe anzuschließen. Dies werde noch geprüft. Die Ermittler fanden außerdem eine Waffe, die die Tatwaffe sein könnte.

Ein Vertreter des dänischen Geheimdiensts sagte, der Täter sei womöglich durch den islamistischen Anschlag auf die französische Satire-Zeitschrift "Charlie Hebdo" inspiriert worden, bei dem Anfang Januar in Paris zwölf Menschen getötet wurden.

Jüdische Gemeide steht unter Schock

Die Ermittler sind inzwischen sicher, dass es sich bei dem erschossenen Mann um den Attentäter handelt, der am Samstag bei einer Diskussionsveranstaltung in einem Kulturcafé und vor einer Synagoge in Kopenhagen zwei Menschen getötet hatte. Bei dem Anschlag auf die Diskussionsrunde "Kunst, Gotteslästerung und Freie Rede" war ein 55-jähriger Gast gestorben, drei Polizisten waren verletzt worden.

Dänemark Anschläge in Kopenhagen EINSCHRÄNKUNG
Das Bild aus einer Überwachungskamera zeigt den mutmaßlichen TäterBild: Reuters/Police/Scanpix

Das zweite Opfer, das in der Nacht vor einer Synagoge in Kopenhagen von einer Kugel in den Kopf tödlich getroffen wurde, ist nach Angaben aus der jüdischen Gemeinde ein 37-jähriger freiwilliger Wachmann jüdischen Glaubens. Er hatte die Menschen kontrolliert, die in die Synagoge zur Feier einer Bar Mitzwa kamen. Nach Angaben des Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde, Dan Rosenberg Asmussen, gelang es dem Angreifer nicht, in das Gebäude vorzudringen, wo etwa 80 Menschen versammelt waren. Laut Asmussen hatte die jüdische Gemeinde die Sicherheitsvorkehrungen nach den Terroranschlägen in Paris Anfang Januar verstärkt. Die jüdische Gemeinde stehe unter Schock, sagte Asmussen dem dänischen Fernsehen.

Entscheidender Tipp vom Taxifahrer

Der Angriff auf das Kulturcafé hatte vermutlich dem schwedischen Zeichner Lars Vilks gegolten. Er ist seit Jahren in islamistischen Kreisen wegen seiner Mohammed-Karikaturen in der Kritik und war bereits mehrfach Ziel von Anschlägen. Al Kaida setzte ein Kopfgeld in Höhe von 150.000 Dollar auf ihn aus. Vilks konnte sich während des Anschlags in einem Kühlraum verstecken und blieb unverletzt.

Nach der Tat floh der Schütze, der zwischen 25 und 30 Jahren und arabischen Aussehens sein soll, zunächst mit einem Auto. Danach ließ er sich im Taxi nach Hause fahren. Der Taxifahrer gab den Behörden einen Tipp. Als der Verdächtige im Morgengrauen vor einer observierten Wohnung aufgetauchte, töteten ihn die dort postierten Polizisten bei einem Schusswechsel.

Reaktionen aus Deutschland und Israel

Die dänische Regierungschefin Helle Thorning-Schmidt nannte die Tat einen "zynischen Akt der Gewalt". Niemand dürfe ungestraft die "offene, freie und demokratische dänische Gesellschaft angreifen". Die Ministerpräsidentin besuchte Vertreter der jüdischen Gemeinde, um ihnen ihr Beileid auszudrücken und Blumen niederzulegen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte der dänischen Regierung eine enge Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Terrorismus zu. In einem Telefonat mit Thorning-Schmidt habe Merkel betont, dass Deutschland "fest an der Seite Dänemarks" stehe, teilte Vizeregierungssprecher Georg Streiter in Berlin mit.

Reaktionen anderer Art kamen aus Israel: Ministerpräsident Benjamin Netanjahu rief die Juden in Europa zur Auswanderung in den jüdischen Staat auf. "Juden wurden auf europäischem Boden ermordet, nur weil sie Juden waren", sagte Netanjahu während einer Kabinettssitzung in Jerusalem. "Diese Terrorwelle wird weitergehen." Auf die Anschläge in Paris im Januar, bei denen auch vier Juden getötet worden waren, hatte Netanjahu bereits mit einem ähnlichen Aufruf reagiert.

chr / wl (dpa, apf, rtr)