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China und die USA konkurrieren im Südchinesischen Meer

8. November 2010

Wenn US-Präsident Barack Obama in den kommenden Tagen nach Asien reist, dann hat das auch symbolische Bedeutung. Die USA wollen gegenüber China im Südchinesischen Meer Präsenz zeigen.

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Ein US-Flugzeugträger vor der Küste KoreasBild: AP

Die Reise nach Indien, Indonesien, Südkorea und Japan dürfte für US-Präsident Obama nur wenig Erholung von der politischen Niederlage daheim nach den Kongresswahlen bieten. In Asien haben sich in jüngster Zeit gleich mehrere Territorialkonflikte verschärft. Viele asiatische Staaten erwarten nun Unterstützung von den USA als Gegengewicht. Denn Peking lässt immer wieder die Muskeln spielen und verunsichert seine Nachbarn.

Ehrenformation der chinesischen Armee
China hat während der vergangenen Jahre sein Rüstungsbudget enorm ausgeweitetBild: picture-alliance/dpa

Da ist zum einen das chinesische Rüstungsbudget. Laut einer Studie des Pentagon vom August dieses Jahres sind die chinesischen Rüstungsausgaben von 2000 bis 2009 durchschnittlich um 11,8 Prozent jährlich gestiegen. China modernisiert vor allem seine Seestreitkräfte und hat während der vergangenen Jahre seine U-Boot-Flotte ausgebaut. Das soll einerseits Taiwan einschüchtern. Aber es geht auch um die Gewässer vor der chinesischen Küste.

Denn China hat in jüngster Zeit mehrmals betont, dass es weite Teile des Südchinesischen Meeres, das sich von Singapur bis zur Taiwanstraße erstreckt, als chinesisches Hoheitsgebiet betrachtet. Diese Ansprüche zielen vor allem auf die Spratly- und Paracel-Inselgruppen, die aus Hunderten kleiner Inseln und Atolle bestehen und damit riesige Künstengewässer umfassen, die China exklusive Rechte einräumen würden. Doch fünf weitere, asiatische Staaten betrachten die Inseln ebenfalls als Teil ihres Gebiets: Brunei, Malaysia, die Philippinen, Taiwan und Vietnam. "Dabei geht es natürlich zum einen um Statusfragen", sagt der Asienexperte Martin Wagener von der Universität Trier. "Aber auch ökonomische Aspekte spielen eine Rolle. Im Südchinesischen Meer gibt es Erdöl- und Ergasvorkommen. Außerdem Fisch. Und man darf die Kontrolle der Seewege nicht vergessen, schließlich ist die Region eine der verkehrsreichsten der Welt."

Karte Südchinesisches Meer
Das Südchinesische Meer erstreckt sich von Singapur bis in die TaiwanstraßeBild: DW

China, sich seiner Größe durchaus bewusst, hat den Einfluss im Südchinesischen Meer im März dieses Jahres laut Zeitungsberichten als eines seiner "Kerninteressen" dargestellt. Das ließ aufhorchen. Denn mit dem Begriff "Kerninteresse" spricht China sonst nur von Taiwan, Xinjiang und Tibet – die Peking explizit als Staatsgebiet betrachtet. "China schafft so einen Grund, dass die asiatischen Mächte geradezu nach den USA rufen", sagt Martin Wagener.

Die USA sind diesem Ruf nachgekommen. Während eines Asean-Treffens im Juli dieses Jahres im vietnamesischen Hanoi betonte die amerikanische Außenministerin Hillary Clinton, die USA legten großen Wert darauf, dass die Streitereien im Südchinesischen Meer friedlich gelöst würden. Washington bot sich gar als Vermittler an, denn eine Lösung der Territorialkonflikte liege im "nationalen Interesse" der Vereinigten Staaten. "Die USA wollen das multilaterale Feld nicht alleine China überlassen", sagt Martin Wagener von der Uni Trier. "Washington hält zudem an der traditionellen, engen Bindung zu seinen Bündnispartnern in der Gegend fest." Die USA haben insgesamt rund 80.000 Soldaten in der Region Asien-Pazifik stationiert. Im japanischen Hafen Yokosuka liegt der amerikanische Flugzeugträger "George Washington". Und als es im September zwischen Japan und China wieder einmal Spannungen wegen der Diaoyu-Inseln gab, die in Japan Senkaku genannt werden, versicherten die USA gegenüber Tokio, dass die Inseln unter dem amerikanisch-japanischen Sicherheitspakt geschützt seien. Ein chinesischer Kutter hatte ein japanisches Patrouillenboot gerammt, woraufhin der Kapitän und die Besatzung von den Japanern festgesetzt worden waren.

Barack Obama / USA
Bei Obamas Asienreise wird China thematisch stets präsent seinBild: AP

Auch andere asiatische Nachbarstaaten wie die Philippinen oder Vietnam begrüßen die Präsenz der USA. "Die meisten Staaten denken sich: mit einem wohlwollenden Hegemon USA fahren wir ganz gut", beurteilt Martin Wagener die Haltung dieser Länder. Sie untermauern dies mit symbolischen Gesten: Im August dieses Jahres legte das US-Kriegsschiff "USS John S. McCain" während einer Übung an der vietnamesischen Küste im Hafen von Danang an. Vietnam will künftig eine Bucht ausbauen lassen, in der die USA dann größere Kriegsschiffe reparieren lassen könnten.

Wohl kaum eines dieser Themen wird bei Obamas Asienreise offen angesprochen werden. In Indien wird es bei den Gesprächen mit der Regierung unter anderem um die US-Waffenlieferungen an Pakistan gehen. In Seoul besprechen die Vertreter der G-20 weitere Schritte zur Bewältigung der Währungs- und Finanzkrise. Und doch ist klar: Auch bei den bilateralen Gesprächen wird China wie ein unsichtbarer Gegenspieler mit am Tisch sitzen.

Autorin: Silke Ballweg

Redaktion: Mathias Bölinger