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Fotografen heute

23. September 2010

Früher ist man fürs Familienfoto zum Fotografen gegangen. Der hatte schließlich eine professionelle Kamera. Heute kann sich fast jeder einen brauchbaren Fotoapparat leisten. Bedeutet das das Ende eines Berufsstandes?

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Ein Mann mit Kamera an der Kieler Föhrde, im Hintergrund ein Kreuzfahrtschiff (Foto: AP)
Bild: AP

Alexander Vejnovic besitzt ein voll ausgestattetes Fotostudio in Düsseldorf. Das Equipment hat er sich nach und nach angeschafft. Seit 20 Jahren arbeitet er als freiberuflicher Fotograf und ist für Modefotos in der ganzen Welt unterwegs. Am liebsten hat er jedoch ganz normale Menschen vor der Linse: Bewerbungsfotos, Hochzeitsfotos, Bilder von Babys und Schwangeren gehören zu seinem Alltagsgeschäft. Vejnovic ist gefragt, über mangelnde Aufträge kann er sich nicht beschweren.

Technik ist nicht alles

Fotostudio von Alexander Vejnovic in Düsseldorf (Foto: Alexander Vejnovic)
Fotostudio von Alexander Vejnovic in DüsseldorfBild: Alexander Vejnovic

Aber besteht wirklich so ein großer Unterschied zwischen seinen Bildern und denen eines passionierten Hobbyfotografen? Um diese Frage zu beantworten, erinnert sich Vejnovic an seine Ausbildungszeit, als er als Assistent ein Modeshooting in Spanien begleitet hat. Der Fotograf war in Eile und musste schon bald zum Flughafen. Vejnovic blieb mit dem Team und den Models am Set zurück, erzählt er: "Da dachte ich mir, ok, was der kann, kann ich auch". Er habe sich die Kamera geschnappt und versucht, genau das gleiche Fotomodell unter den gleichen Lichtverhältnissen zu fotografieren. "Es kamen katastrophale Ergebnisse raus. Also es macht nicht nur die Technik, sondern es macht auch einfach der Blick fürs Foto den Fotografen aus."

Den besonderen Blick sollte ein Fotograf vor 60 Jahren auch schon gehabt haben. Davon abgesehen hatte er aber auch besonderes Privileg - er hatte Zugang zur nötigen Technik. Heute sind gute Kameras zu Massenware geworden. Und wer braucht seit Digitalfotografie und Bildbearbeitungsprogrammen wie Photoshop noch eine Dunkelkammer? Viele Laien sind technisch so gut ausgerüstet wie die Profis.

Auszubildende für eine Rewe-Werbekampagne. Vejnovics Modelle sollen die Angst vor der Kamera verlieren (Foto: Alexander Vejnovic)
Natürliche Fotos von AuszubildendenBild: Alexander Vejnovic

Ernste Konkurrenz machen sie den ausgebildeten Fotografen trotzdem nicht, sagt Jörg Winde, Professor für Fotodesign an der Fachhochschule Dortmund: "Die Technik ist zwar leichter zu bedienen, als früher, die Bilder sind aber nicht besser geworden." Für gute Bilder brauche man gute Ideen. Und für gute Ideen müsse vor allem das Sehen geschult werden: "Ich beobachte das immer bei den Studierenden – man braucht viele Jahre, bis man Dinge sieht, die normale Menschen, auch fortgeschrittene Amateure, nicht sehen."

Trotzdem haben es Fotografen heutzutage nicht leicht, sagt Jörg Winde. Das liege vor allem an der großen Konkurrenz, der Beruf sei in den vergangenen 20 Jahren immer begehrter geworden. Fast 300 Bewerber machen allein jedes Jahr im Schnitt die Eignungsprüfung für das Fotografiestudium an der Fachhochschule Dortmund. Etwa ein Fünftel von Ihnen wird genommen. An anderen Hochschulen sehe es nicht anders aus, so Winde. Aus der großen Schwemme an gelernten und studierten Fotografen kann nur ein Teil seinen Traumberuf ausüben.

Mit Retusche zum guten Bild?

Fotograf Alexander Vejnovic aus Düsseldorf (Foto: Alexander Vejnovic)
Alexander VejnovicBild: Alexander Vejnovic

Wer auf dem Markt bestehen will, muss Bilder mit Aussagen machen, die Nachfrage nach solchen guten Fotos ist groß, sei es für Firmenwebsites oder Magazine. Alexander Vejnovic hat sich darauf spezialisiert, Menschen zu fotografieren und ist erfolgreich damit. Er will, dass sich die Leute in seinen Fotos wiedererkennen und versucht, sie die Kamera vergessen zu lassen. So können authentische Bilder entstehen – eine aufwändige Nachbearbeitung sei dann nicht mehr nötig, sagt Vejnovic.

Er lehnt übertriebene Retusche, wie sie oft auf Zeitschriften-Covern zu sehen ist, ab. "Ich finde es okay, Kleinigkeiten im Gesicht zu verändern, wenn eben ein kleiner Pickel da ist oder Mitesser, ansonsten wird Fotoretusche auch oftmals angewendet, um aus einem schlechten Foto ein gutes Foto zu machen", sagt Vejnovic. Wenn das Foto jedoch nicht von sich aus den Betrachter anspreche, könne man das besondere Etwas hinterher nicht mehr künstlich hineinzaubern. Hier sieht Vejnovic eine positive Entwicklung im Fotogeschäft: Seiner Meinung nach haben die Menschen genug von Bildern, die so bearbeitet sind, dass sie künstlich wirken.

Autorin: Sola Hülsewig

Redaktion: Klaus Gehrke/Marlis Schaum