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Kongo: Ein Land im wirtschaftlichen Aufbruch

Alexander Göbel1. Mai 2006

Die größten Naturreichtümer Afrikas liegen in der Demokratischen Republik Kongo. Trotzdem ist das Land bettelarm. Die Wahlen im Juli sollen mehr Stabilität bringen und Investoren anlocken.

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Kongo: armes reiches LandBild: picture-alliance/dpa

Asphaltierte Straßen sind rar in Kinshasa. Eine davon ist der "Boulevard" im geschäftigen Botschaftsviertel Gombe. Es ist schwülheiß und staubig, hunderte Menschen stehen an der Kreuzung zur Avenue de l'Equateur und versuchen, eines der Privatautos anzuhalten, die hier informell als Taxis genutzt werden. Öffentliche Verkehrsmittel - Fehlanzeige im Kongo.

Kinshasa Kongo
Schwül und staubig: Straße in KinshasaBild: Alexander Göbel

Nebenan im schmucklosen grau-düsteren Bürokomplex ohne Fahrstuhl weiß man nicht mehr, wann hier das letzte Mal die Toiletten funktioniert haben, geschweige denn die Klimaanlagen. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn hier nicht Wirtschaftsminister Pierre Mayoka arbeiten müsste: "Es gibt so viele Dinge, die wir dringend anpacken müssen," klagt der Minister. "Eigentlich müssten wir überall gleichzeitig beginnen." Das ist natürlich unmöglich. Also müssen Prioritäten gesetzt werden. Die Verbesserung der Infrastruktur steht an erster Stelle. "Wenn in einem so großen Land die Transportwege und die Energieversorgung nicht funktionieren, dann geht gar nichts."

Wasserkraft unerschöpflich

In dem Land von der Größe Westeuropas gibt es kaum noch eine befahrbare Straße, die Eisenbahnlinien sind marode. Verwaltungsgebäude, Schulen, Krankenhäuser, Universitäten, Staudämme, Hochspannungsleitungen, der versandete Hafen von Matadi - all das müsste wiederaufgebaut werden.

Bahnstation im Kongo Panoramaformat
Viele Bahnhöfe wurden während des Krieges beschädigtBild: AP

In Kinshasa fällt immer wieder der Strom aus - aber das müsste nicht sein, denn Kongo ist das mit Abstand wasserreichste Land auf dem Kontinent. Allein die Staustufe von Inga am Unterlauf des Kongo-Flusses könnte das gesamte südliche Afrika mit Strom beliefern, wenn die von einer deutschen Firma in den 1970er Jahren gebaute Anlage endlich repariert würde: Inga könnte das größte Wasserkraftwerk der Welt sein.

Um diesen Traum zu verwirklichen, braucht man Geld - viel Geld. Das ist eigentlich im Kongo vorhanden. Die Hilfen der Europäischen Union belaufen sich auf 800 Millionen Dollar. Die Weltbank hat 500 Millionen US-Dollar für die Infrastruktur reserviert.

Korruption hindert Entwicklung

Kongo Inga-Damm
Blick auf den Inga-Stausee, rund 350 Kilometer südwestlich von Kinshasa (Foto aus dem Jahr 1998)Bild: picture-alliance/dpa

Deutsche Firmen wie Siemens und Fichtner könnten bei der Reparatur und dem Ausbau von Inga eine wichtige Rolle spielen. Für die Vergabe der Aufträge auf Grundlage von internationalen Ausschreibungen nach Weltbank-Konditionen ist unter anderen das Zentrale Koordinationsbüro BCECO zuständig.

Das internationale Geld weckt überall Begehrlichkeiten. Der Ausschreibungs-Experte Argun Ysin versichert, dass seine Institution alles tue, um die sonst so florierende Korruption bei der Auftragsvergabe im Keim zu ersticken. "Das Problem der Korruption gibt es seit der Kolonialzeit, und es durchdringt die gesamte Verwaltung des Staates. Das zu verhindern, ist sehr, sehr schwer." Die BCECO versuche stets bei den Ausschreibungen transparent zu sein. "Allerdings kann schon sehr viel schwarzes Geld geflossen sein, noch bevor uns ein Angebot erreicht. Wir prüfen das, soweit es möglich ist", sagt Ysin.

Minenarbeiter im Kongo Panoramaformat
MinenarbeiterBild: AP

Die Deutschen sind besonders an den von den Geberländern finanzierten, international ausgeschriebenen und finanziell mit wenig Risiko behafteten Projekten interessiert. Das Bergbaugeschäft, vor allem das mit Kupfer in der reichen Provinz Katanga, machen andere mehr oder weniger unter sich aus - Chinesen, Franzosen und Amerikaner. Die Schwarzwälder Firma Danzer, die nach Jahren der Kriegswirren wieder Tropenholz aus Maluku und der Provinz Equateur exportiert, ist eine Ausnahme.

Deutsche halten sich zurück

Deutsche Unternehmer gehören nicht gerade zu den großen Investoren. Und das, obwohl die nackten Zahlen kein schlechtes Investitionsklima im Kongo versprechen: Das Wirtschaftswachstum liegt bei knapp sieben Prozent, die Inflation hat sich mit rund neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr mehr als halbiert. Damit mehr deutsche Investoren kommen, gerade auch aus dem Mittelstand, müsse aber nicht nur die Währung stabil sein, der Franc Congolais, sondern das ganze Land. Ein friedlicher und transparenter Verlauf der Wahlen sei deshalb extrem wichtig, glaubt Bwa Bwa Ya Kayembe von der nationalen Agentur für Investitionsförderung ANAPI. "Da hilft es uns sehr, dass sich die internationale Gemeinschaft und insbesondere Deutschland bereit erklärt haben, an einer europäischen Sicherungsmission mitzuwirken".

Kinshasa Kongo
Die Hauptstadt KinshasaBild: Alexander Göbel

Die Erwartung ist, dass die Wahlen im Sommer die Sicherheit für Investitionen im Kongo maßgeblich und nachhaltig erhöhen. Diese Hoffnung wird flankiert von bereits getroffenen Maßnahmen: 2005 wurde das Investitions-, Forst- und Minengesetz verabschiedet - eine Grundvoraussetzung für mehr Rechtssicherheit für ausländische Unternehmer. ANAPI verhilft Investoren unter bestimmten Bedingungen zu Steuer- und Zollbefreiungen und unterstützt sie beim Erledigen von Formalitäten. Doch ohne Starthilfe von alteingesessenen Unternehmern laufe gar nichts, betont Ingo Badoreck, der für den Afrika-Verein gerade die erste deutsche Unternehmerreise im Kongo seit 30 Jahren betreut hat. Deutsche und kongolesische Unternehmen sollten partnerschaftlich zusammenarbeiten: "Das Geld soll ja nicht nur nach Deutschland fließen." Auch der Kongo solle davon profitieren. "Ich glaube, es gibt im Kongo eine Menge guter Leute, die gute Partner sein können. Man muss sie nur finden."