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Chinas globale Kulturoffensive

Das Gespräch führte Sabine Peschel9. Juli 2007

Auswärtige Kulturpolitik war in China lange ein sensibles Thema. Jetzt geht das Land neue Wege bei der Verbreitung seiner Sprache und Kultur. DW-WORLD sprach mit Jiang Feng, Europachef im Pekinger Bildungsministerium.

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Berlin, Erlangen, Hannover, Düsseldorf..., und in Hamburg ist schon das nächste Konfuzius-Institut geplant - hier die Begegnungsstätte
In Hamburg ist schon das nächste Konfuzius-Institut geplantBild: picture-alliance/ dpa

DW-WORLD.DE: Han-Chinesisch ist mit 834 Millionen Sprechern die meistgesprochene Sprache der Welt. Warum ist es - trotz aktuell steigender Popularität - als Sekundärsprache global immer noch vergleichsweise unbedeutend?

Jiang Feng: Eine gute Frage... Das Englische hat sich als Weltsprache durchgesetzt, was auch mit der sehr starken wirtschaftlichen und politischen Stellung der englischsprachigen Länder zusammenhängt. Auch Menschen anderer Länder kommunizieren untereinander auf Englisch, das ist inzwischen eine Tatsache. Auch wir Chinesen nutzen die englische Sprache, wenn wir mit ausländischen Partnern kommunizieren.

Jiang Feng
Jiang FengBild: presse

In Deutschland ist das Chinesische seit längerer Zeit trotz seiner großen Schwierigkeit eindeutig auf dem Vormarsch. Immer mehr Schulen bieten Chinesisch als dritte, manche sogar als zweite Fremdsprache an. Worauf führen sie diesen Aufschwung zurück?

Einer von vielen verschiedenen Faktoren ist sicherlich die Wirtschaftsentwicklung Chinas. Man hat eine bessere Berufsperspektive, wenn man Chinesisch kann - sowohl in Europa, bzw. in Deutschland, als auch in China. Daneben dürfte auch die kulturelle Attraktivität Chinas eine Rolle spielen.

Seit 2004 hat China eine globale Kulturoffensive gestartet und in 53 Ländern - oft in Kooperation mit ausländischen Partnern - über 100 Kulturinstitute gegründet, die Konfuzius-Institute. Sie tun sehr viel zur Verbreitung der chinesischen Sprache. Aber anders als bei der Kulturpolitik beispielsweise des deutschen Goethe-Instituts hat China die Verbreitung der Sprache von der diskursiven Behandlung von Kulturthemen getrennt. Können Sie uns das erklären?

Ich würde das nicht so interpretieren. Das Konfuzius-Institut ist in erster Linie dafür da, Chinesisch-Lernenden zu helfen. Es ist aber natürlich auch eine Plattform für den Kulturaustausch. Darüber hinaus gibt es auch eine Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, mit Unternehmen. Die Konfuzius-Institute sollen auch dazu betragen, die wirtschaftspolitische oder die allgemeine Situation in China verständlich zu machen.

Chinesisch als Abiturfach gibt es nicht nur an diesem Gymnasium in Münster
Chinesisch als Abiturfach gibt es nicht nur an diesem Gymnasium in MünsterBild: dpa

Bis vor wenigen Jahren hat China unabhängige kulturelle Aktivitäten des Auslands als Einmischung in die internen Angelegenheiten betrachtet. In Shanghai zum Beispiel ist das Goethe-Institut noch immer am Konsulat angesiedelt und nicht eigenständig in der Stadt. Inwiefern hat sich diese Einstellung inzwischen geändert?

Die Trennung von Sprache und Kultur ist schon grundsätzlich unmöglich. Was die Arbeit des Goethe-Institut in China betrifft, so glaube ich, dass es eine sehr wichtige Rolle bei der Verbreitung der deutschen Sprache in China spielt. Das chinesische Bildungsministerium arbeitet sehr eng mit dem Goethe-Institut zusammen, um die deutsche Sprache zu verbreiten, auch finanziell. Das Goethe-Institut verfolgt jetzt auch eine ganz flexible Praxis bei der Zusammenarbeit mit chinesischen Institutionen, um die Programme noch zu intensivieren. Ich sehe da eine sehr gute Tendenz.

Chinesische Bildungs- und Medienpolitiker verlangen von ausländischen Partnern immer wieder sprachliche Sensibilität und Rücksicht auf die eigenen kulturellen Konventionen. Mediale Zuspitzungen wie sie in der hiesigen Presse üblich sind, lehnen sie ab - vor allem, wenn diese Überschriften China betreffen. Warum berücksichtigen sie Ihrerseits die hiesigen Konventionen nicht, wonach diese Form der Pressefreiheit verständlich und akzeptiert ist?

Auch im Netz aktiv: das erste E-Book auf www.goethe.de/beijing
Auch im Netz aktiv: das erste E-Book auf www.goethe.de/beijing

Sensibilität heißt, dass man auch an Adressaten aus anderen Kulturkreisen denkt. Das veröffentlichte Wort hat natürlich eine Wirkung über die Grenze hinaus. Mit zu bedenken, wie eine Person aus einem anderen Kulturkreis eine sprachliche Äußerung empfängt, ist eine sehr wichtige Perspektive. Ansonsten wird Sprache nicht zur Kommunikation beitragen, sondern zum Missverständnis, oder noch schlimmer, zur Entstehung von Feindbildern.

Es gibt ja neben der Sprachen-Außenpolitik so etwas wie die Sprachen-Innenpolitik. Chinesisch ist nicht nur im Ausland auf dem Vormarsch, auch innerhalb Chinas breitet sich das Han-Chinesisch immer mehr aus. Sehen Sie nicht die Regionalsprachen, die so genannten Dialekte, die ja vielfach unterschiedlicher als beispielsweise Deutsch und Niederländisch sind, in Gefahr?

Nein, im Gegenteil. Die Dialektsprachen werden jetzt auch als Schulfach eingeführt, in Shanghai zum Beispiel schon vor zwei Jahren. Die Verfassung bestimmt, dass die Sprachen der nationalen Minderheiten alle gleichberechtigt sind. Alle müssen gefördert, verbreitet und weiterentwickelt werden. In den letzten Jahrzehnten wurden sogar neue Schriftensysteme für manche Minderheitensprachen erstellt.

Und gilt das auch für Tibet oder das uigurische Xinjiang?

Natürlich. Das ist eine gesetzliche Bestimmung. Von den 55 nationalen Minderheiten haben etwa 53 eine eigene Sprache. Das Bildungsministerium steckt viel Arbeit in die Verbreitung der Minderheitensprachen in China.

Dr. JIANG Feng ist Direktor für die Zusammenarbeit mit den europäischen Ländern im chinesischen Bildungsministerium. Er hat in Deutschland studiert und wurde mit einer Arbeit zur deutschen auswärtigen Kulturpolitik promoviert.