Kommission soll Armee effizienter gestalten
12. April 2010Die Bundeswehr sei "zu groß, falsch zusammengesetzt und zunehmend unmodern." In ihrer heutigen Struktur habe sie keine Zukunft, hieß es in dem im Mai 2000 vorgelegten Bericht der von Altbundespräsident Richard von Weizsäcker geleiteten Kommission zur Bundeswehrreform. Zehn Jahre später steht die Armee erneut auf dem Prüfstand.
"Ziel ist es nicht, die Bundeswehr neu zu erfinden", sagte Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) am Montag (12.04.2010) in Berlin. Er wolle aber mehr Effizienz erreichen: "Vor allem gilt es, das, was wir an personellen und finanziellen Ressourcen haben, optimal zu nutzen."
Dem von Guttenberg eingesetzten Gremium sollen sechs Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Militär angehören. Geleitet wird die Reformkommission vom Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise. Er war 13 Jahre Berufssoldat bei der Bundeswehr und nimmt als Oberst der Reserve noch an Übungen teil. Drei Mal war der 58-Jährige in Afghanistan.
Der Minister lobte Weise als ideale Besetzung für die Leitung der Kommission. Als BA-Chef habe er bewiesen, "dass er Reformen auch in großen Apparaten durchzusetzen vermag".
200 gepanzerte Fahrzeuge für Bundeswehr in Afghanistan
Bis zum Ende des Jahres soll die Kommission Vorschläge vorlegen, wie die Führungs- und Planungsstruktur der Bundeswehr effizienter gestaltet und Rüstungsprojekte wirtschaftlicher angegangen werden können. Guttenberg kündigte an, bald danach über deren Umsetzung zu entscheiden.
Guttenberg stellte der Bundeswehrtruppe in Afghanistan bessere Rüstung in Aussicht. Nach dem schweren Gefecht am Karfreitag in Kundus, bei dem drei deutsche Soldaten starben, war Kritik an der Ausrüstung laut geworden.
Guttenberg kündigte nun an, für einen besseren Schutz der Soldaten 200 gepanzerte Fahrzeuge nach Afghanistan zu verlegen. Er verlangte dafür aber mehr Haushaltsmittel. Eine vom designierten Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus geforderte Entsendung von schweren "Leopard 2"-Kampfpanzern lehnte der Minister jedoch ab.
Probleme bei der Beschaffung von Ausrüstung
Sowohl Weise als auch Guttenberg kritisierten die regelmäßig bei Rüstungsprojekten auftretenden zeitlichen Verzögerungen sowie massive Kostensteigerungen. Als Beispiel nannte Guttenberg den Transport-Hubschrauber NH-90, der 1990 auf den Weg gebracht worden war, aber bis heute nicht zur Verfügung stehe.
Guttenberg sagte, die Zahl der Soldaten, die für Einsätze zur Verfügung stünden, sei im Vergleich zu anderen Ländern relativ gering. Mit derzeit 6600 - vor allem in Afghanistan und im Kosovo - stößt man fast an eine Obergrenze, obwohl der Bundeswehr insgesamt 247.000 Soldaten angehören.
Guttenberg hält an Wehrpflicht fest
Die Strukturreform wird parallel zur Verkürzung der Wehrpflicht von neun auf sechs Monate vorbereitet. Auf beides hatten sich Union und FDP im Koalitionsvertrag verständigt.
Zur Wehrpflicht sagte Guttenberg am Sonntag in der ARD: "Wir brauchen die Verankerung unserer Armee in der Gesellschaft." Dafür sei die Wehrpflicht "ein wunderbar guter Brückenschlag".
Auch die SPD sprach sich gegen eine Abschaffung aus. Der Grünen-Chef Cem Özdemir sagte am Montag, die Wehrpflicht stelle den "Kern des Problems" dar. Nötig sei ein "Übergang in eine Berufsarmee".
Bei der letzten Bundeswehr-Reform vor zehn Jahren wurde die Truppe um 100.000 Soldaten verringert. Zugleich sollte die Zahl der für den Auslandseinsatz verfügbaren Soldaten von 60.000 auf 140.000 mehr als verdoppelt werden.
Neben Frank-Jürgen Weise gehören folgende Mitglieder der sechsköpfigen Kommission an: der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Hans Heinrich Driftmann, die frühere Präsidentin des Bundesrechnungshofes und Vizechefin der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International, Hedda von Wedel, der frühere Deutschlandchef der Unternehmensberatungsfirma McKinsey und jetzige Chef des Mischkonzerns Haniel, Jürgen Kluge (SPD), der Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen, Hans-Ulrich Klose, sowie General Karl-Heinz Lather, der Stabschef des europäischen NATO-Hauptquartiers.
Autor: Julian Mertens (dpa, rtr, apn)
Redaktion: Ursula Kissel