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Kommission prüft EEG

Christoph Hasselbach15. Juli 2013

Deutschland finanziert die Energiewende mit einer Sonderabgabe - die aber nicht alle zahlen müssen. Die Ausnahmen von der Umlage zur Förderung erneuerbarer Energien könnten gegen EU-Recht verstoßen.

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Solardach (Foto: DW/G.Rueter)
Bild: DW/G.Rueter

Die deutsche Energiewende weg von der Atomkraft und fossilen Energieträgern hin zu erneuerbaren Energien ist ehrgeizig. Und sie ist teuer. Sie gilt zur Zeit als eines der größten Projekte, das sich ein hochentwickeltes Industrieland vorgenommen hat. Um die Wende zu finanzieren, müssen Stromkunden nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) einen Zuschlag auf ihre Stromrechnung zahlen, die EEG-Umlage. Allerdings zahlen nicht alle. Energieintensive Unternehmen wie die Stahl- und Zementherstellung oder die chemische Industrie sollen keinen Wettbewerbsnachteil gegenüber ihrer ausländischen Konkurrenz haben. Deshalb können sie sich von der Abgabe weitgehend befreien lassen.

Immer mehr Ausnahmen

Und sie machen von der Möglichkeit regen Gebrauch. Die Zahl der Ausnahmen nimmt immer mehr zu, auf zuletzt rund 4500 Betriebe. Und unter ihnen sind längst nicht nur Stahlwerke oder Papierfabriken, sondern auch Golfplätze, wie das Bundeswirtschaftsministerium bestätigt. Auch Straßenbahnbetriebe wurden teilbefreit, obwohl sie kaum ausländische Konkurrenz befürchten müssen. Folge der Ausnahmen ist, dass private Haushalte und der Rest der Unternehmen die Befreiung der anderen mit immer höheren Stromrechnungen ausgleichen müssen. Es geht der Kommission hier aber nicht um eine Frage sozialer Gerechtigkeit, sondern um Wettbewerb. Antoine Colombani, der Sprecher von Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia, bestätigte am Montag (15.07.2013), die Kommission prüfe derzeit, "ob diese Maßnahmen eine staatliche Beihilfe im Sinne der Verträge darstellen und wenn ja, ob sie mit einschlägigen Beihilferegeln und anderen Vertragsbestimmungen vereinbar sind".

Golfball und Schläger (Foto: Fotolia/Igor Mojzes)
Selbst Golfplätze können umlagebefreit werdenBild: Fotolia/Igor Mojzes

Es geht um viel Geld

Es geht ihr also zunächst um die Frage, ob die Befreiung oder Teilbefreiung von der EEG-Umlage überhaupt eine staatliche Subvention ist - in diesem Fall muss die Kommission sie genehmigen. Und wenn sie eine Subvention ist, wäre zu klären, ob die Befreiung einen unerlaubten Wettbewerbsvorteil bedeutet. Sollte die Kommission zu diesem Ergebnis kommen, könnte das gravierende Folgen haben. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" glaubt in seiner jüngsten Ausgabe (15.07.2013), die Kommission werde wohl alle Ausnahmen von der Ökostromumlage verbieten, also auch die für eindeutig energieintensive Betriebe, und sogar eine rückwirkende Zahlung der eingesparten Gelder verlangen. Wenn das so ist, wären wohl Beträge im hohen Millionenbereich zu erwarten.

Merkel stellt sich auf EEG-Reformen ein

Bundeskanzlerin Angela Merkel stellt sich zumindest schon mal auf Probleme mit der Kommission ein. In einem am Sonntag (14.07.2013) ausgestrahlten ARD-Interview gab sie zu: "Auch aus Brüssel kommen jetzt kritische Fragen. Wir haben den dringenden Bedarf einer Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes." Nach dem "Spiegel" zweifelt auch EU-Energiekommissar Günther Oettinger an der Vereinbarkeit des EEG in seiner jetzigen Form mit EU-Wettbewerbsrecht. Oettinger hat laut "Spiegel" bei einer Veranstaltung des Energieversorgers E.on in Brüssel gesagt, es könne nicht sein, dass Deutschland eigenen Windstrom fördere, Dänemark aber für nach Deutschland exportierten Windstrom keine Förderung bekäme. Doch mit einer baldigen Entscheidung aus Brüssel und womöglich mit einem Verfahren gegen Deutschland ist noch nicht zu rechnen. Der Sprecher von EU-Wettbewerbskommissar Almunia hat bereits gesagt, dass die Voruntersuchung noch nicht abgeschlossen sei und vor der Sommerpause keine weiteren Schritte zu erwarten sind.

Die Grünen-Europaabgeordnete Rebecca Harms in ihrem Büro (Foto: DW/Z. Butyrskyi)
Die Grünen-Europaabgeordnete Harms will nicht "das Kind mit dem Bade ausschütten"Bild: DW/Z. Butyrskyi

Die Grünen fürchten um das Image von Ökostrom

Die Sache hat aber nicht nur eine wettbewerbsrechtliche, sondern auch eine politische Dimension. Rebecca Harms, Vorsitzende der Grünenfraktion im Europaparlament, stellt fest: "Es ist offensichtlich, dass die Ausnahmeregelungen im deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetz vollkommen aus dem Ruder laufen." Doch die Kommission dürfe auch "nicht das Kind mit dem Bade ausschütten und das EEG insgesamt infragestellen". Die Grünen fürchten nicht nur um das Image der Energiewende in Deutschland, die vielfach bereits den Makel der Preistreiberei trägt, sondern auch, dass sich Regierungen in ganz Europa bei einem sehr strikten Kommissionsurteil aus der Förderung von Ökostrom zurückziehen werden.