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Bushs Abschied

Miodrag Soric10. Juni 2008

George W. Bush besucht Europa. Sein fünfter Besuch wird wohl sein letzter als amerikanischer Präsident sein. Politisch ist von ihm in seiner restlichen Amtszeit nichts mehr zu erwarten, meint Miodrag Soric.

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Miodrag Soric (Quelle: DW)
Miodrag Soric

Der amerikanische Präsident George W. Bush kommt zu einer siebentägigen Reise nach Europa – und kaum jemanden scheint es zu interessieren. Natürlich wird er überall freundlich empfangen werden: in Ljubljana anlässlich des Gipfels zwischen den USA und der EU, in Rom, in Paris, in London und sicher auch in Berlin. Allerdings ist allen bewusst, dass dieser Präsident kaum noch Einfluss nehmen wird und kann auf die transatlantischen Beziehungen. Seine Zeit ist um. Schon verfolgen die Europäer mit weitaus größerem Interesse den Wahlkampf um Bushs Nachfolge, sympathisieren mit dem so ganz anders auftretenden Barack Obama, hoffen, dass dieser bald ins Weiße Haus einzieht. George Bush – das klingt ein wenig wie die falsche Politik von gestern, an die man ungerne erinnert wird.

Geringes Ansehen, keine Erfolge

Noch ist es zu früh, um Bilanz zu ziehen. Letztlich bedarf es aber keiner großen prophetischen Gabe, um vorauszusagen, dass zahlreiche negative Erinnerungen mit der Ära Bush verbunden sein werden. Zum einen der verlorene Irak-Krieg, zum anderen der offensichtlich aussichtslose Kampf der NATO in Afghanistan. In Guantanamo und im Gefängnis Abu Ghraib hat Amerika seine Werte verraten. Unter dem amtierenden Präsidenten Bush hat das Ansehen Amerikas weltweit einen beispiellosen Tiefstand erreicht.

Was stärkt, sind Siege. Bush hat solche nicht vorzuweisen. Der Kampf gegen den Terror wird noch lange dauern. Im Nahen Osten schweigen zwar meist die Waffen. Ein Frieden ist aber noch lange nicht in Sicht. Der Iran scheint nach wie vor Atomwaffen entwickeln zu wollen. Die Regierung in Teheran spielt auf Zeit, weil sie hofft, mit einem anderen amerikanischen Präsidenten besser klar zu kommen. Andere Staaten denken ähnlich.

Freundlicher Empfang zum Abschied

Wenn im Vorfeld der Bush-Visite in Deutschland Kanzlerin Angela Merkel in Zeitungen aktuelle Probleme im bilateralen Verhältnis auflistet, dann gewiss nicht, weil sie hofft, dass der amtierende amerikanische Präsident diese lösen könnte. Handels- und Investitionshemmnisse, die den Handel zwischen der EU und den USA unnötig erschweren, werden kaum von der gegenwärtigen Washingtoner Administration beseitigt werden können. Merkels Klagen werden im kommenden Jahr wieder aufgegriffen werden, von einem anderen amerikanischen Präsidenten.

Bushs bevorstehende Europa-Reise ist eine Abschiedstour. Elf Mal hat er sich in den letzten Jahren mit der deutschen Kanzlerin getroffen, fünf Mal war er in Deutschland zu Gast. Er wird einmal mehr die Freundschaft zwischen den USA und Europa beschwören, eine Freundschaft, die er etwa mit seiner falschen Entscheidung zum Irak-Krieg so sehr belastet hat. Europa und Amerika bleiben nicht zuletzt aus sicherheitspolitischen Gründen aufeinander angewiesen. Ein neuer Präsident in Washington wird die Wertegemeinschaft zwischen der so genannten alten und der neuen Welt wieder zu neuem Leben erwecken. So lange gilt es, sich in Geduld zu üben und freundlich zu sein.