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Kommentar: Von zweifelhaftem Nutzen

Nina Werkhäuser31. August 2014

Die Bundesregierung hat beschlossen, Waffen an die Kurden im Nordirak zu liefern. Die Risiken dieser Entscheidung sind größer als der Nutzen, meint Nina Werkhäuser.

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Die tragbare Panzerabwehrwaffe Milan (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/K. Schneider/Bundeswehr

Noch nie hat Deutschland Waffen in ein Kriegsgebiet geliefert. Die Rüstungsexportrichtlinien verbieten das aus gutem Grund. Dass dies nun erstmals geschehen soll, begründet die Bundesregierung mit den Gräueltaten der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Es ist richtig, alles Erdenkliche gegen Menschenrechtsverletzungen zu tun. Doch kann das mit tödlichen Waffen aus deutscher Produktion geschehen? Da sind Zweifel mehr als angebracht.

Die Waffen könnten in die falschen Hände fallen", heißt es zu Recht von den Kritikern der Waffenlieferungen. Ebenso berechtigt ist die Frage: Welchen Nutzen haben die Waffen, wenn sie in den "richtigen Händen" sind? Können die Kurden im Nordirak den Vormarsch des "Islamischen Staates" tatsächlich stoppen, dessen Eroberungsdrang weit über ihr Gebiet hinausgeht?

Noch mehr Waffen

An Waffen herrscht kein Mangel in der Region. Wenn diese bisher nicht gegen die brutalen Schlächter des "IS" zum Einsatz kamen, dann hat das nicht mit der Passivität westlicher Waffenlieferanten zu tun. Die Gründe liegen unter anderem in der Schwäche der irakischen Führung, in ihrer mangelnden Unterstützung für die Kurden und im Bürgerkrieg in Syrien mit seinen vielen Fronten. Inzwischen sind mehrere Staaten vom Vormarsch der Islamisten betroffen oder bedroht. Nur sie können die Terrormiliz gemeinsam in die Schranken weisen. Kämpft jede Partei, jede Ethnie, jede religiöse Gruppierung für sich, dann hilft auch die Aufrüstung von außen nicht.

Waffen können erbeutet werden - wie leicht das geht, haben die Feldzüge der Steinzeit-Islamisten gezeigt, die sich im Irak und in Syrien im Handstreich modernes militärisches Gerät "beschafft" haben. Mithin ist es vorstellbar, dass auch deutsche Waffen in ihre Hände fallen und sich gegen diejenigen richten könnten, deren Schutz die Bundesregierung im Sinn hat. Es reicht nicht, dieses enorme Risiko schlicht als "kleineres Übel" hinzunehmen. Denn es gibt keine Gewähr dafür, dass dem ein größerer Nutzen gegenübersteht.

Ein Präzedenzfall

So zweifelhaft der Nutzen, so hoch ist der Preis dieser Entscheidung: Die Bundesregierung schafft einen Präzedenzfall, sie verabschiedet sich von bewährten Grundsätzen. Ist das einmal geschehen, wird es wieder geschehen. Dabei stand die kluge Kultur der militärischen Zurückhaltung unserem Land gut zu Gesicht. Sollte die Bundesregierung Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet tatsächlich als Teil einer neuen, aktiveren Außenpolitik verstehen, dann ist das mehr als bedenklich.