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Politik

FDP - Vom Sprint zum Marathon

Ralf Bosen, Redakteur
Ralf Bosen
6. Januar 2018

Auf dem Dreikönigstreffen der FDP will Christian Lindner seine Partei auf kommende Aufgaben einschwören. Nach dem Wiedereinzug in den Bundestag muss sich die Partei dringend erneuern, meint Ralf Bosen.

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Dreikönigstreffen der FDP
Bild: picture-alliance/dpa/Daniel Naupold

Was stand der Mann zuletzt in der Kritik. Nach dem Ausstieg der FDP bei den Sondierungsgesprächen für eine Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und Liberalen mutierte Partei-Chef Christian Lindner zum Buhmann der Nation. Unreife, Verantwortungslosigkeit und Egoismus warfen ihm Kommentatoren und Freunde des Jamaika-Projekts vor. Selbst Vertreter aus der Wirtschaft, die zur Kernklientel der FDP gehören, zeigten sich alles andere als amüsiert, hatten sie doch durch eine Regierungsbeteiligung der Liberalen auf einen unternehmerfreundlichen Kurs in Berlin gehofft.

Nun muss Lindner auf dem Dreikönigstreffen der FDP in Stuttgart wieder für gute Stimmung sorgen und beweisen, dass er einen Plan hat. Erleichtert wird er zur Kenntnis genommen haben, dass das Jamaika-Aus trotz all des externen Zoffs innerhalb der FDP nicht sonderlich umstritten ist.

Ein Heimspiel für Lindner?

Die Gründe liegen auf der Hand: zu groß ist die Angst vor einem erneuten Bedeutungsverlust in einer von Kanzlerin Merkel geführten Koalition, zu unterschiedlich sind die inhaltlichen Positionen zu den Grünen, zu früh wäre eine Regierungsbeteiligung für eine FDP gekommen, die dafür personell wie organisatorisch nicht ausreichend gerüstet ist, weil sie gerade erst wieder in den Bundestag gewählt wurde.

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DW-Redakteur Ralf Bosen

Ist das Dreikönigstreffen also ein Heimspiel für Lindner? Nein, denn entscheidender als geplatzte Sondierungsgespräche ist die Frage, was mit der FDP nun konkret passiert. Wo will sie hin, wie versteht sie ihre Aufgabe als Teil der Opposition? Dabei müsste auch die Rolle des schier allgegenwärtigen Partei-Chefs geklärt werden. Im Bundestagswahlkampf war noch alles auf ihn zugeschnitten. Auf Schwarz-Weiß-Plakaten sah man ihn allein in einem kargen Hotelzimmer. Gleichermaßen konzentriert wie ermattet schaute er in die Ferne.

Nach der Euphorie kommt die Arbeit

Lindner inszenierte sich als ‘hardest working man in the polit-business‘. Eine One-Man-Show. Wie ein Wanderprediger zog Lindner durch das Land und führte die Liberalen zum Comeback. Nach ihrer historischen Niederlage bei der Bundestagswahl 2013 ist die FDP vier Jahre später nun wieder im Parlament. Zweifellos eine Riesenleistung. Bei den Jamaika-Gesprächen hatte Lindner dann den Kreis der FDP-Sondierer noch klein gehalten; wohl auch um jederzeit die Kontrolle zu behalten.

Das lässt sich aber nicht durchhalten, ohne dass es irgendwann an der Basis brodelt. Denn nach der Euphorie um den Wiedereinzug in den Bundestag stehen karge Jahre der Oppositionsarbeit bevor, in der sich die FDP profilieren muss. Wahrscheinlich in Konfrontation gegen eine Wiederauflage einer übermächtigen Großen Koalition aus Union und SPD. Schließlich gibt es noch das Fernziel einer erneuten Regierungsbeteiligung mit einem FDP-geführten Außenministerium in der Tradition Hans-Dietrich Genschers.

Fischen am rechten Rand

Lindners Strahlkraft allein wird dafür nicht reichen. Damit sich die Partei wieder als ernstzunehmende politische Kraft etabliert, werden weitere Persönlichkeiten nötig sein, die neben ihm glänzen. Lindner muss also dringend ein Personaltableau anbieten, mit dem die Liberalen bei den Wählern punkten. Dafür müsste er auf dem Dreikönigstreffen erste Signale setzen.

Ähnliches gilt für die Inhalte. Für was steht die FDP? Freiheit, Rechtsstaat und Wirtschaft - sind das noch immer die Fixpunkte der FDP oder versucht man bei AFD-Wählern am rechten Rand zu fischen? Letzteres würde Lindner weit von sich weisen. Aufhorchen lässt aber ein warnender Gastbeitrag der früheren FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in der "Süddeutschen Zeitung". Darin fordert sie ihre Partei auf, populistischen Verlockungen zu widerstehen. Die FDP solle in der Opposition deutlich Position beziehen: für Freiheit, Europa - und klar: gegen die AfD!

Vom Sprint zum Marathon

Lindner hat nun die Chance auf dem Dreikönigstreffen klare Kante zu zeigen. Bisher betonte er ständig, dass die FDP nicht an Posten, sondern Inhalten interessiert sei. Mit dieser Begründung ließ er auch die Jamaika-Sondierungen platzen. Nun muss er Inhalte liefern. Nach dem Comeback der FDP steht ihre Erneuerung bevor. Es könnte sich herausstellen, dass Lindners erfolgreicher Wahlkampf lediglich der Sprint war. Der Marathon steht den Liberalen noch bevor.

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Ralf Bosen, Redakteur
Ralf Bosen Autor und Redakteur