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Politik

Neue Außenpolitik: America everywhere?

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert
11. April 2017

Wenn es US-Außenminster Tillerson beim G7-Treffen mit der weltweiten Verteidigung Unschuldiger ernst meinte, steht ein gewaltiger Wandel in der Weltpolitik bevor, sagt Bernd Riegert.

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USA Tillerson vom Senat endgültig zum US-Außenminister ernannt
Energisch gegen Syrien, Russland, Iran, China, Nordkorea: Tillerson bei seiner Senatshörung im Februar 2017.Bild: Reuters/K. Lamarque

Der amerikanische Außenminister Rex Tillerson hat in Lucca keinen Zweifel mehr daran gelassen, dass Russland seine Syrien-Politik ändern und seine Verbindungen zum Iran und zur Hisbollah-Miliz kappen müsse. Das ist eine klare Kampfansage an Moskau, die man so noch vor einigen Tagen nicht erwartet hätte. Tillerson hat die Haltung der Trump-Regierung zu Russland nach dem Gas-Angriff in Syrien dramatisch geändert. Keine Annäherung, sondern eine schärfere Konfrontation scheint jetzt der Kurs zu sein. Bei diesem Kurswechsel weiß Tillerson die wichtigsten westlichen Außenminister hinter sich. Italien, Großbritannien, Frankreich, Japan, Kanada und Deutschland hatten keine andere Wahl, als den Militärschlag der Amerikaner gut zu heißen und die neue Haltung im Syrien-Konflikt zu unterstützen. Im Prinzip ist man sich einig, dass Russland sich aus der Sackgasse mit Namen Assad heraus bewegen muss. In den Nuancen gilt das aber nicht. So konnten sich die G7-Außenminister nicht auf eine Drohung mit neuen Sanktionen einigen.

Wie lange wird die klare amerikanische Haltung Bestand haben? Das ist die Frage, die über dem Treffen in der Toskana schwebte. Schließlich hatte gerade Außenminister Tillerson seine Haltung zu Syrien in den vergangenen Wochen mehrfach gewechselt. Präsident Trump hatte im Wahlkampf Interventionen der USA abgelehnt. Jetzt greift er doch ein. Sein Außenminister hat in Italien sogar ein sehr weit gehendes Versprechen abgegeben. Die USA würden überall eingreifen und jeden zur Rechenschaft ziehen, der Verbrechen an Unschuldigen verübt. Die Weltmacht als Weltpolizei. Notfalls auch ohne Mandat.

Zurück zum Eingreifen

Trump ist damit wieder bei George W. Bush angekommen, seinem Vorvorgänger, der gegen die "Achse des Bösen" vorgehen wollte und einen  Krieg im Irak führte, den Trump als großen Fehler gegeißelt hat. Donald Trump und Rex Tillerson sind offenbar gewillt, sich nicht nur mit Russland, sondern gleichzeitig auch mit Nordkorea und dessen Schutzmacht China anzulegen. Die Drohungen mit "einseitigen Maßnahmen" kann man als tatkräftiges, beherztes Vorgehen begrüßen. Man kann sie aber auch als gefährliches Spiel am Abzugshebel verstehen.

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DW-Europa-Korrespondent Bernd Riegert

Die westlichen Außenminister in Lucca sind sich in der Beurteilung der sich formenden Trump-Doktrin wohl noch nicht ganz einig. 

Mit praktischer Unterstützung, also mit Truppen oder Geld, darf Rex Tillerson bei seiner neuen Syrien-Politik von den westlichen Freunden nicht rechnen. Es wird bei Worten bleiben. Keiner der sechs möchte in einen blutigen Konflikt wie in Syrien hineingezogen werden. Ob die neuerliche Konfrontation mit Russland die Chance für einen politischen Friedensprozess für Syrien eröffnet, wie sich das Außenminister Gabriel erträumt, ist zweifelhaft. Wird Putin tatsächlich einlenken und Assad fallen lassen? Nicht so bald, vielleicht in nächster Zukunft, wenn Assad nicht mehr nützlich für ihn ist. Auch die Russen werden erst einmal abwarten, ob sich die amerikanische Außenpolitik festigt oder nächste Woche die nächste Wende hinlegt.

Noch keine Strategie

Die Frage, warum Präsident Donald Trump seine Haltung von "America First" nun zu "America everywhere" geändert hat, ist noch nicht hinreichend beantwortet. Einige Beobachter in Washington vermuten, es war Tochter Ivanka. Die Trump-Flüsterin ohne Gehalt und aber mit viel Einfluss hat offenbar an die Moral von Daddy appelliert, Amerikas Einzigartigkeit zu nutzen. Andere konstruieren ein innenpolitisches Ablenkungsmanöver, da der Präsident zeigen wolle, dass Russland seine Wahl nicht beeinflusst habe und die Kontakte seines Wahlkampfteams nach Moskau völlig unschuldig waren.

Und wie geht es jetzt weiter? Trumps Sprecher im Weißen Haus hat weitere Luftschläge nicht ausgeschlossen, sollte das Assad-Regime weiter Fassbomben einsetzen, was regelmäßig der Fall ist. Werden die USA also tatsächlich massiv in den Syrien-Krieg eingreifen. Was wird Trump am Ende von seinen Verbündeten in Europa und in der NATO fordern? Wie werden sich die USA in dem brisanten Konflikt mit Nord-Korea verhalten, sollte der verrückte Machthaber in Pjöngjang, wie zu vermuten steht, den nächsten Atomwaffentest anordnen? Die amerikanische Außenpolitik wirft viele taktische Fragen auf, aber eine wirkliche Strategie ist noch nicht klar.

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Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union