Jeder, der gelegentlich einen Krimi schaut, kennt das Prinzip "guter Polizist, böser Polizist". Mit Donald Trump hat dieses Prinzip auch Eingang in die internationale Politik gefunden. Mit einer Absonderlichkeit: Donald Trump verkörpert beide Rollen zugleich: den guten und den bösen "Cop".
Im Falle Nordkorea hat diese - genetisch bedingte? absichtsvoll inszenierte? - Persönlichkeitsspaltung immerhin zu einem Gipfeltreffen mit dem international maximal isolierten Diktator einer kommunistischen Erbmonarchie geführt. Wenn man auch bislang wenig über die Ergebnisse sagen kann.
Drohkulisse und Gesprächsangebot
Im Falle des Irans scheint Trump einem ähnlichen Drehbuch folgen zu wollen. Die Drohkulisse und der aufgebaute Stress sind bereits gewaltig: Die Drohungen des jüngsten Twitter-Duells sind noch nicht verhallt.
Vor allem: Knapp drei Monate nach dem Ausstieg der USA aus dem Joint Comprehensive Plan of Action, kurz: JCPoA, genannten Atomabkommen ist die iranische Wirtschaft bereits schwer angeschlagen - und der innenpolitische Druck gewaltig; fast täglich kommt es überall im Land zu Protestaktionen. Noch bevor nächste Woche die US-Finanzsanktionen überhaupt in Kraft treten, ist der Wert der iranischen Währung Rial massiv abgestürzt - allein in den letzten beiden Tagen um knapp 20 Prozent. Beamte des US-Außen- sowie des Finanzministeriums sind ausgeschwärmt, um weltweit deutlich zu machen, welch schmerzhafte Folgen der Import iranischen Öls nach dem 4. November hätte. Ab dann wollen die USA gegenüber jedem Staat Sanktionen verhängen, der überhaupt noch iranisches Öl einführt. Die Ankündigung hat zur Folge, dass bereits jetzt die Bestellungen einbrechen. Die Fähigkeit zum Ölexport aber ist lebenswichtig für das wirtschaftliche Überleben des iranischen Staates. Und immer offener kristallisiert sich heraus: Der Druck der USA zielt nicht allein auf eine Änderung des iranischen Verhaltens. Eher scheint ein Regimewechsel angestrebt zu sein.
Jetzt aber die Kehrtwende: Trump gibt den guten Polizisten. Per Twitter regt er ein Treffen mit Irans Präsident Rohani an - "ohne Vorbedingungen". Das Spiel von Einschüchterung und Entgegenkommen mag im Immobiliensektor funktionieren und hat vielleicht auch bei Nordkorea gezogen. Aber im Falle des Iran stehen die Chancen auf Erfolg schlecht.
Unterschiedliche Signale aus Washington
Erstens hat Trump bereits zuvor das Gespräch mit Rohani gesucht - nach iranischen Angaben achtmal am Rande der UN-Vollversammlung im letzten Jahr. Zweitens spricht die US-Administration mit unterschiedlichen Stimmen. Außenminister Mike Pompeo zum Beispiel nennt sehr wohl Bedingungen für ein solches Gipfeltreffen.
Drittens ist Iran längst nicht so isoliert wie Nordkorea und Rohani hat gerade erst eine Europareise hinter sich. Viertens ist Rohani für Propagandazwecke oder für sein persönliches Ego nicht auf Bilder eines Gipfels mit Trump angewiesen. Angesichts der unterschiedlichen Machtzentren im Iran und der skeptischen Haltung des mächtigsten Mannes im Lande, Religionsführer Ali Khamenei, könnte ein solcher Gipfel für Rohani mehr Probleme schaffen als lösen. Und angesichts dessen fünftens: Warum sollte Rohani mit den USA einen neuen Atomdeal verhandeln, wenn es doch die Amerikaner sind, die gerade erst den bereits existierenden Deal verletzt haben und ausgestiegen sind? Deshalb auch Irans Reaktion: Vor einer solchen Zusammenkunft müssten die USA sich zum Atomabkommen bekennen, aus dem sie im Mai ausgestiegen waren.
Selbst wenn der Dealmaker-in-Chief tatsächlich ein echtes Interesse an einem neuen Vertrag mit dem Iran haben sollte: Zumindest Außenminister Pompeo und Sicherheitsberater John Bolton scheinen es eher darauf anzulegen, den Iran zur Kapitulation zu zwingen. In diesem Zusammenhang lohnt sich der Blick zurück: Vor fast genau einem Jahr hat John Bolton - damals noch nicht Sicherheitsberater - einen detaillierten Plan zum Ausstieg aus dem Atomabkommen vorgelegt.
Darin findet sich der Satz: "Der Iran wird nach einem Ausstieg aus dem JCPoA wahrscheinlich keine weiteren Verhandlungen anstreben. Aber die Administration könnte rhetorisch diese Möglichkeit offen halten".
Reden ja, aber mit guter Vorbereitung
Grundsätzlich wäre es gut, wenn zwischen Washington und Teheran ein Gesprächsfaden geknüpft würde. Denn in der gegenwärtigen toxischen Atmosphäre könnte tatsächlich eine Fehlkalkulation bei einem der vielen Konfliktpunkte zwischen Syrien, Jemen, dem Irak und der Straße von Hormus zu einer Katastrophe führen. Vielleicht sollte man den Kontakt erst einmal ganz klassisch über die diplomatischen Kanäle wiederaufnehmen, die in den letzten Monaten systematisch gekappt worden sind. Nachhaltig und wohlüberlegt, und nicht als Fußnote am Rande einer Pressekonferenz.
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