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Politik

Trump wird getestet

Soric Miodrag Kommentarbild App
Miodrag Soric
16. März 2017

"Obamacare" war eines der Hauptthemen im US-Wahlkampf. Nun muss der neue Präsident auch liefern. Gelingt ihm die Reform der Krankenversicherung? Davon hängt für die Zukunft von Donald Trump viel ab, meint Miodrag Soric.

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USA Medizinische Versorgung
In diversen Städten wurde bereits gegen die mögliche Abschaffung der gegenwärtigen Krankenversichung demonstriertBild: Getty Images/AFP/D. McNew

Wer falsche Hoffnungen weckt, erntet echte Enttäuschungen. Im Wahlkampf versprach Donald Trump, die von seinem Vorgänger durchgesetzte Reform der Gesundheitsversorgung in den USA wieder rückgängig zu machen. Er kündigte vor seinen Anhängern an, "Obamacare" zu ersetzen durch ein viel besseres und vor allem günstigeres System. Entsprechend hoch sind jetzt die Erwartungen. Das ist der erste wirkliche Test des neuen Präsidenten: Kann er regieren? In den 50 Tagen, der er inzwischen amtiert, hat er kein einziges Gesetz durch den Kongress gebracht. Immer erließ er nur präsidiale Dekrete, die eine zeitlich befristete Gesetzeskraft haben.

Heftiger Streit unter den Republikanern

Wie das neue Gesundheitswesen in den USA aussehen soll - darüber gibt es innerhalb der republikanischen Partei sehr unterschiedliche Vorstellungen. Freiheitlich gesinnte Kräfte verteufeln eine Krankenversicherungs-Pflicht für alle. Weshalb soll der Staat den einzelnen Bürger zwingen, eine Versicherung zu kaufen, wenn er diese gar nicht will, fragen sie? Sozial-konservative Politiker hingegen finden "Obamacare" gar nicht so schlecht. Sie wären zufrieden, wenn im bestehenden System jene Auswüchse korrigiert würden, die die Kosten für viele Bürger massiv nach oben getrieben haben.

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Miodrag Soric leitet das DW-Studio Washington

Trump steht vor der Aufgabe, einander entgegengesetzte Welten innerhalb der Partei zusammen zu bringen - also einen Kompromiss zu schmieden. Das fällt ihm schwer. Aus gleich mehreren Gründen: Zum einen fehlt ihm die fachliche Qualifikation - er hatte nie ein öffentliches Amt inne. Zum anderen verfolgt er - keine klare politische Linie - weil er keine ideologischen Leitplanken, kein geschlossenes Weltbild hat. Will er mehr oder weniger Staat? Wahrscheinlich weiß er es selber nicht. Zumindest blieb er bislang Antwort schuldig. Bei öffentlichen Auftritten verweist er stattdessen ganz allgemein auf sein Verhandlungsgeschick. Doch davon ist bislang wenig zu sehen.

Was die Schadenfreude der Demokraten anfeuert. Je länger das Hin und Her bei den Republikanern andauert, desto mehr fühlen sie sich bestärkt in ihrer ablehnenden Haltung. Die Zeit laufe gegen Trump, meinen sie. In Wirklichkeit werden alle Amerikaner die Verlierer sein, wenn die Politik in Washington wieder einmal versagt. Inzwischen verhalten sich die Demokraten nach den Präsidentschaftswahlen genau so wie die Republikaner vor den Wahlen: Alles blockieren, alles ablehnen, was von der Gegenseite kommt, lautet die Devise.

Die Autorität des Präsidenten hängt an diesem Projekt

Sollte Trump wider Erwarten eine Neuausrichtung des amerikanischen Gesundheitssystems schaffen, ohne dass Millionen Bürger wieder ihren Versicherungsschutz verlieren, würde dies seine Autorität enorm stärken. Viele Fehltritte der zurückliegenden Wochen wären vergessen. Der Präsident könnte noch größere Projekte angehen - etwa die Reform des Steuersystems.

Umgekehrt gilt aber auch: Scheitert Trump jetzt und sucht dafür Sündenböcke außerhalb des Weißen Hauses, werden sich die meisten republikanischen Abgeordneten schnell von ihm distanzieren. Dann dürfte es für Trump schwierig werden, selbst weniger wichtige Gesetze durch den Kongress zu bekommen. Deshalb seht für ihn viel auf dem Spiel.

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