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Ricke verlässt die Telekom-Spitze

Rolf Wenkel 13. November 2006

Der Bund als Mehrheitsaktionär ist unzufrieden, daher muss Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke seinen Posten räumen. Nachfolger Rickes wird Rene Obermann. Ihm droht jedoch das gleiche Schicksal, meint Rolf Wenkel.

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Rolf Wenkel

Bislang hat - seit der Privatisierung der ehemaligen Deutschen Bundespost - noch kein Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom seine Amtszeit regulär beendet. Der Vater von Kai-Uwe Ricke, Helmut Ricke, warf früh das Handtuch, weil er die Querelen mit der Politik satt hatte, sein Nachfolger Ron Sommer musste ebenfalls frühzeitig seinen Hut nehmen, und nun hat Kai-Uwe Ricke das Schicksal seines Vorgängers ereilt. Der Mehrheitsaktionär, der Bund, ist unzufrieden über die Geschäftsentwicklung, also wird die Führungsspitze ausgewechselt.

Doch es ist fast abzusehen, dass Rickes Nachfolger, T-Mobile-Chef René Obermann, ein ähnliches Schicksal erleiden wird. Denn was der Bund und die Aktionäre vom Chef des ehemaligen Telefon-Monopolisten fordern, ist die Quadratur des Kreises: Einerseits ist es politisch gewollt, dass auf dem Telekommunikationsmarkt Wettbewerb herrscht. Dies hat auch zu einem beispiellosen Wachstumsschub in der Branche geführt und dem Verbraucher ein größeres Angebot bei sinkenden Preisen beschert.

Ein riesiger, unbeweglicher Apparat

Andererseits kann aber ein freier Wettbewerb auf einem ehemals
monopolistischen Markt nur zu Lasten des ehemaligen Monopolisten gehen. Wenn der Finanzminister, der fast noch ein Drittel der Aktien der Telekom besitzt, in einer solchen Ausgangslage immer noch hohe Wachstumsraten, sprudelnde Gewinne und einen steigenden Börsenkurs erwartet, dann ist das zumindest scheinheilig - er müsste es eigentlich besser wissen.

Rickes Nachfolger steckt in der gleichen Falle wie seine Vorgänger: Er ist eingemauert zwischen einem riesigen, unbeweglichen Apparat mit einem Heer von unkündbaren Beamten - und der Forderung, genauso schlank und agil am Markt zu operieren wie die zahllosen erfolgreichen Newcomer. Gleichzeitig soll der Telekom-Chef aber keine betriebsbedingten Kündigungen aussprechen. Ein Ding der Unmöglichkeit. Die Newcomer sind organisch gewachsen und haben einen adäquaten Personalstamm aufgebaut, müssen also keinen Personalüberhang vor sich her schieben, der noch aus staatsmonopolistischen Zeiten stammt.

Die Konkurrenz ist schon viel weiter

Wie schwer diese Last wiegt, ist täglich zu beobachten: Alle
Newcomer waren und sind gezwungen, die Netzinfrastruktur beim
ehemaligen Monopolisten anzumieten. Eine Regulierungsbehörde, die Bundesnetzagentur, wacht darüber, dass der ehemalige Monopolist daraus keine unangemessenen Gewinne zieht und die Infrastruktur zum Selbstkostenpreis anbietet. Alle haben also eine vergleichbare Kostenstruktur. Doch die Newcomer haben daraus mehr gemacht als der ehemalige Monopolist. Das ist zum großen Teil damit zu erklären, dass der ehemalige Monopolist unter einem riesigen Personalüberhang leidet. Es hat aber auch viel mit Unbeweglichkeit und Ineffizienz zu tun.

Die Newcomer sind einfach näher dran am Kunden. Und sie haben frühzeitig erkannt, dass Festnetz, Mobilfunk und Internet zusammenwachsen. Sie haben daraus günstige Pauschalangebote für den Kunden entwickelt, zu einer Zeit, als im Telekom-Vorstand die Chefs der Sparten noch heftig gegeneinander kämpften. Spät, viel zu spät bietet nun auch die Telekom neue Bündeltarife an - die Konkurrenz ist schon viel weiter. Der neue Chef der Telekom jedenfalls ist um seine Aufgabe nicht zu beneiden. Solange der Bund von ihm weiterhin die Quadratur des Kreises verlangt, wird er scheitern - wie seine Vorgänger.