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Regieren auf dünnem Eis

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Marko Langer
14. Januar 2016

Was sich nach den Übergriffen von Köln im Landtag von Nordrhein-Westfalen abgespielt hat, lässt tief blicken: ein angezählter Minister und zwei Parteien, die es andernorts nur schwer zusammen hält, meint Marko Langer.

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Sondersitzung des nordrhein-westfälischen Landtags
Der nordrhein-westfälische Landesinnenminister Ralf Jäger in der Sondersitzung des LandtagesBild: picture-alliance/dpa/F. Gambarini

Hannelore Kraft, die Ministerpräsidentin, hat es am Donnerstag wenigstens versucht: Sie stellte das Leid der Frauen, die in der Silvesternacht in Köln belästigt, beraubt und missbraucht wurden, an den Beginn ihrer Rede in der Sondersitzung des Landtags. Und sie machte die Ankündigung, dass 500 weitere Polizisten eingestellt werden sollen, zum Mittelpunkt ihrer Rede. Umsonst, es hat nichts genutzt.

Mit mittelrotem Kopf

Ihr Innenminister, der die Verantwortung für die Polizei in Köln und anderen Metropolen des bevölkerungsreichsten deutschen Bundeslandes trägt, durfte erst spät das Wort ergreifen. Der Sozialdemokrat Ralf Jäger, der den Kölner Polizeipräsident wegen Versäumnissen in den Ruhestand geschickt hat, saß bis zum Mittag mit mittelrotem Kopf wie ein armer Sünder in der Kabinettsbank und musste zuhören, wie er von der Opposition verbal filetiert wurde. Später dann: seine Entschuldigung bei den Opfern. Und sein Versuch, sich gegen das Zerrbild eines unsicheren Landes zu wehren.

Auch das: umsonst. Der CDU-Oppositionsführer Armin Laschet ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen. Der Innenminister mit dem roten Kopf ist für den Oppositionsführer - daher auch filetiert - so etwas wie ein gefundenes Fressen. Jäger habe die gesamte Verantwortung nach unten weggedrückt, stellte Laschet fest und sei somit nicht zu halten. Frau Kraft schüttelte den Kopf.

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Marko Langer, DW-NachrichtenredaktionBild: Sarah Ehrlenbruch

Auch soweit ist das Ganze ein nicht ungewöhnlicher parlamentarischer Vorgang. Wer aber beobachtet hat, mit welcher Vehemenz Laschet (der ja auch stellvertetender CDU-Bundesvorsitzender ist) auf Kraft (die ja auch stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende ist) losging, der konnte sich des Eindrucks nicht erwehren: Das Bündnis dieser Partner, die auf Bundesebene für das Gelingen oder Misslingen der Flüchtlingspolitik Verantwortung tragen, hat keine solide Basis mehr.

Noch Verteidigung

Dass ausgerechnet Laschet sich empörte, wie die Übergriffe von Köln für politische Debatten rund um die Flüchtlingsfrage instrumentalisiert wurden, mag wohlfeil sein. Klar ist nach diesem Vormittag im Landtag: Am Ende geht es, sowohl in Düsseldorf als auch in Berlin, um die pure Verteidigung der Macht.

Verteidigung aber, das ist etwas Passives und darauf gerichtet, Niederlagen zu verhindern. Aktive und gestaltende Politik könnte, ja muss anders aussehen. Das sollten auch die Parteistrategen erkennen und nicht nur pragmatisch zur Tagesordnung übergehen. Neue Lösungen (in der Sache) und neue Optionen (auf der politischen Landkarte) müssen her. Denn Übergriffe, wie sie in Köln geschehen sind, werden sich wiederholen. Und was machen wir dann? Weiterwurschteln?

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