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Kommentar: Putins Familie

Ingo Mannteufel27. September 2007

Präsident Putin hat im September gezeigt, dass er alle Fäden in der russischen Politik in der Hand hält. Der Kreis seiner Vertrauten wird jedoch immer enger und abgeschlossener, meint Ingo Mannteufel.

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Ingo Mannteufel, Leiter der Russischen Online-Redaktion
Ingo Mannteufel, Leiter der Russischen Online-Redaktion

Wer bislang noch kleinste Zweifel hatte, dass Putin der unumschränkte Herrscher in Russland ist, wurde im September eines besseren belehrt: Mitten in den vom Kreml dirigierten Vorbereitungen der Parteien zu den Duma-Wahlen im Dezember setzte Präsident Putin einen neuen Ministerpräsidenten und eine neue Regierung ein. Deutlicher konnte er nicht klar machen, dass die Duma-Wahl keinen Einfluss auf den politischen Kurs Russlands haben wird. Sie dürfte zu einer völligen Farce verkommen.

Einschränkung des politischen Raums

Schon seit langem war klar, dass es vor den Duma-Wahlen zu keinem fairen politischen Wettbewerb zwischen Parteien und Politikern um die besseren Ideen für die Zukunft in Russland kommen würde. Der Raum für unterschiedliche politische Vorstellungen und Meinungen ist in den russischen Medien, insbesondere im Fernsehen, begrenzt.

Zudem hat die neue, äußerst restriktiv wirkende Wahl- und Parteiengesetzgebung die politische Vielfalt noch weiter eingeschränkt. Letztendlich gibt es nur noch eine große starke Pro-Präsidenten-Partei sowie zwei kleinere Pro-Präsidenten-Parteien und eine faktisch angepasste Kommunistische Partei. Von den vielen Parteien und Politikern in Opposition zum Kreml werden nur ganz wenige geduldet. Ihre Chancen, dass sie über die neu eingeführte Sieben-Prozent-Hürde kommen, sind gegenwärtig gering.

Politikfreier Wahlkampf

Mit der Einsetzung einer neuen Regierung unter dem neuen Premierminister Viktor Subkow ist die Auseinandersetzung über die konkreten politischen Vorhaben endgültig auf Null reduziert worden. Denn in der neuen alten Regierung fehlen ausgerechnet die drei Minister, deren bisherige politische Arbeit in der ansonsten so apolitischen russischen Gesellschaft noch für Zündstoff im Wahlkampf hätte sorgen können: Gesundheits- und Sozialminister Surabow, Wirtschaftsminister Gref und der Minister für regionale Entwicklung, Jakowlew. Der neue Premierminister Subkow kann nun mit leichter Hand jeglichen Unmut an der vorherigen Regierung von sich weisen oder sogar - wie kürzlich im Fernsehen gezeigt - seine Kritik in scharfer Form äußern.

Politische Diskussionen über die besseren Ideen für die Zukunft der russischen Gesellschaft - das Kennzeichen von Wahlkämpfen in Demokratien - sind unter diesen Bedingungen nicht möglich. Es stellt sich daher tatsächlich die Frage, wozu sich Millionen von Russen am 2. Dezember - an einem sicherlich eisigen Wintertag - aufmachen sollen, um auf Wahlzetteln Kreuze zu machen. Einen Einfluss auf die Politik im Lande und die politischen Führung hat das Wählen in Russland nicht.

Verschlossener Zirkel der Macht

Doch mit der Einsetzung einer neuen Regierung ist nicht nur deutlich geworden, dass von Politik im Sinne eines breiten und offenen Austausches der Gesellschaft über die eigene Zukunft in Russland nicht mehr gesprochen werden kann.

Vielmehr zeigt die Zusammensetzung der neuen Regierung, dass der Zirkel der Mächtigen in Russland immer enger und familiärer wird: Anatoli Serdjukow, der Schwiegersohn des neuen Ministerpräsidenten Viktor Subkow, bleibt Verteidigungsminister; Tatjana Golikowa, die neue Gesundheits- und Sozialministerin, ist die Ehefrau vom Minister für Industrie und Energie, Viktor Christenko, und der alte Putin-Vertraute Dmitri Kosak kehrt aus dem Nordkaukasus als neuer Minister für regionale Entwicklung zurück. Die Regierung ähnelt so immer mehr einem alten Familien- und Freundeskreis, auch wenn das nicht unbedingt heißen muss, dass sich alle verstehen und mögen.

In allgemeiner Hinsicht begünstigt Vetternwirtschaft Korruption und persönliche Bereicherung. Doch selbst wenn das hier nicht der Fall sein sollte, dokumentiert diese Kaderauswahl noch etwas ganz Anderes: Die regierende Elite im Kreml um Präsident Putin vertraut immer weniger Menschen. Sie verschließt sich und nimmt eine Wagenburgmentalität an. Unter solchen Bedingungen sind neue Ideen eher unwahrscheinlich, die Innovationskraft läßt gewaltig nach. Stattdessen tritt die eigene Machtsicherung ins Zentrum aller Aufmerksamkeit. Wie lange so etwas gut gehen kann, sollte die eigentliche Frage der Kremlologen und Polittechnologen sein, auch wenn die gegenwärtig lieber über den Namen des künftigen Präsidenten spekulieren.