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Pfiffige Lösungen gefragt!

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Henrik Böhme
1. April 2018

Womöglich überblickt Donald Trump ja nicht immer die Folgen seines Tuns. Aber die Debatte, die er in Sachen Freihandel angestoßen hat, könnte durchaus hilfreich sein, meint Henrik Böhme.

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Symbold Handelskrieg USA EU
Bild: Imago/Ralph Peters

Irgendwo müssen sie doch noch in der Schublade liegen, die ganzen Papiere (und das sind immerhin ein paar tausend Seiten) von den Verhandlungen zwischen Europäern und Amerikanern über das transatlantische Freihandelsabkommen. Das Abkommen, das nicht zustande kam. Weil dieses böse TTIP für Linke, Grüne und Gutmenschen die Fratze des Neoliberalismus schlechthin war. Jetzt haben wir den Salat: Strafzölle von Uncle Sam könnten über uns kommen. Donald Trump hat, nachdem er ein ganzes Jahr lang gegen unfaire Handelspraktiken und schlechte Verträge abwechselnd gegen Mexikaner, Chinesen und Europäer gewettert hat, nun also gehandelt.

Jetzt könnte man meinen, der Poltergeist aus dem Weißen Haus habe sowieso nur seine Anhänger und Wähler im Sinn, denen er versprochen hat, Amerika wieder groß zu machen. Stimmt! Ihm zu unterstellen, hinter seinem Handeln stecke womöglich eine globale Strategie, wäre zu viel der Ehre für Mr. President. Natürlich interessiert es ihn Null, was sein Handeln für den Rest der Welt bedeutet. Ihm geht es nur um "America first". Das muss man, ob man will oder nicht, zur Kenntnis nehmen und das Beste daraus machen. Denn absehbar wird kein anderer Ansprechpartner in Washington auftauchen.

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Henrik Böhme, DW-Wirtschaftsredaktion

Das Beste daraus machen!           

Und genau hier liegt die Chance für Trumps Verhandlungspartner, ob sie nun in China, Südkorea, Japan oder eben in Europa sitzen. Nehmen wir erstmal Südkorea. Die haben mit Trumps Leuten einen Deal gemacht. Das bestehende Freihandelsabkommen wurde neu verhandelt. Was dabei rauskam: Die Südkoreaner liefern etwas weniger Stahl (was sie verschmerzen können) und öffnen ihren Markt stärker für amerikanische Autos (die in Südkorea aber sowieso keiner kaufen will). Deal! Wenn das alles ist, was es braucht, um Donald Trump zufrieden zu stellen - so what! Das ist doch eine prima Blaupause für die Europäer.

Die Rechnung ist so simpel: Im Schnitt erheben die USA 2,5 Prozent Zölle auf europäische Einfuhren, die EU ihrerseits 3,5 Prozent auf US-Importe. Entweder man trifft sich in der Mitte oder besser noch: Ganz weg damit! Das war eines der Ziele des TTIP-Abkommens. Deswegen sollte man die Papiere wieder aus den Schubladen holen, zumindest erstmal das Kapitel zu den Handelsbarrieren. Man muss Mr. President ja nicht überfordern - er braucht ja nur ein paar vorzeigbare Erfolge.

Pragmatisch, praktisch, gut!

Zumal es ja auch ein Treppenwitz ist, dass Donald Trump von der Welthandelsorganisation (WTO) überhaupt nichts hält, aber seine Truppen in Genf (dem Sitz der WTO) aufmarschieren lässt mit einer Beschwerde gegen Chinas Umgang mit geistigem Eigentum und Patenten. Also braucht man die WTO doch? Offenbar ja. Das lässt hoffen, denn dann könnte man sich wegen unfairer Handelspraktiken der Amerikaner auch an die WTO wenden. Aber auch hier hat Donald Trump - man ahnt es schon - sicher unbeabsichtigt eine Debatte angestoßen: Nämlich über die dringend notwendige Reform der Welthandelsordnung, die ja seit dem Scheitern der sogenannten Doha-Runde (über die mehr als ein Jahrzehnt verhandelt wurde) auf Eis liegt. Nur nebenbei: Zu einem Abschluss kam es auch deswegen nicht, weil der US-Präsident das Abkommen am Ende nicht wollte. Der hieß damals allerdings noch Barack Obama.

Die Deutschen in der Klemme           

Nun hat der Präsident im aktuellen Zollstreit um Stahl und Aluminium den Europäern großzügig eine Atempause eingeräumt. Nicht lange, in fünf Wochen schon, will er etwas auf dem Tisch haben. Dafür hat er sich erstmal die Chinesen vorgenommen, mit denen er ja eigentlich den großen Frieden in Korea schließen will. Vielleicht hat das in seiner Sicht auf die Dinge ja nicht wirklich miteinander zu tun.

Wer aber nun sozusagen unfreiwillig in die Klemme gerät, das sind die Deutschen. Die machen bekanntlich mit beiden Seiten beste Geschäfte - mit Chinesen UND Amerikanern. Und egal, auf wessen Seite man sich am Ende schlägt: Es wird die falsche sein! Das Business auf dem US-Markt ist oft einfacher - gerade für Mittelständler. Und große Unternehmen, Autobauer wie BMW und Mercedes zum Beispiel, sind dort gern gesehene Investoren.       

Mit China ist vieles ungleich komplizierter - von kulturellen Fragen einmal abgesehen, die viele Mittelständler davon abhalten, im Reich der Mitte zu investieren. Es dreht sich in China ja auch gerade der Wind, obgleich Präsident Xi anderes behauptet und den Freihändler gibt: Die Zeichen stehen eher auf mehr staatliche Kontrolle, statt auf eine Öffnung des Marktes. Deutsche Firmen müssen (wie andere ausländische Unternehmen auch) Sorge haben um den Schutz ihrer Technologien und Daten, genauso wie vor Gängelung und einer Verzerrung des Wettbewerbs.

Keine einfache Gemengelage. Und sicher gibt es keinen Königsweg. Am besten wird es wohl sein, Trump mit einem verkniffenen Lächeln zu geben, was er will. Das ist ja nicht viel, siehe oben. Aber natürlich sollten die deutschen Exporteure sich umschauen nach anderen Handelspartnern. Warum nicht den Fokus stärker auf Afrika legen? Und zwar nicht nur als Absatzmarkt, sondern mit Investitionen. Klar ist das ein anstrengender Markt. Aber wenn Deutschland das ernst meint mit der Bekämpfung von Fluchtursachen - wäre das nicht eine schlaue Lösung?    

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Henrik Böhme Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Auto- und Finanzbranche@Henrik58