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Politik

Obamas Geschenk für Trump

Soric Miodrag Kommentarbild App
Miodrag Soric
30. Dezember 2016

Auf den letzten Metern seiner Amtszeit lässt Barack Obama russische Diplomaten ausweisen. Präsident Putin pariert auf seine Art und Weise. Ihn kann das diplomatische Hick-Hack kaltlassen, meint Miodrag Soric.

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USA | Weihnachten mit Präsident Obama
Bild: Getty Images/C. Somodevilla

Schach ist russischer Nationalsport. Kremlchef Putin liebt aber vor allem asiatische Kampfsportarten. Da pariert man - ähnlich wie beim Brettspiel - einen Angriff nicht immer mit einem Gegenangriff, sondern indem man zunächst ausweicht. Was im Sport gilt, findet dieser Tage in der Politik Anwendung. Barack Obama lässt russische Diplomaten aus den USA ausweisen. In Washington rechen alle mit einer russischen Retourkutsche. Doch die blieb aus. Putin scheint Obamas eigentliches Ziel zu durchschauen: Einfluss zu nehmen auf die Außenpolitik des zukünftigen US-Präsidenten Donald Trump.

Der Kremlchef pariert auf seine Art und Weise: Er lädt in Moskau alle amerikanischen Diplomatenfamilien mit ihren Kindern zu den Neujahrsfeierlichkeiten in den Kreml ein. Moskau wird entsprechende Fernsehbilder um die Welt schicken. Und bald auch Bilder von russischen Familien mit ihren Kindern, die Washington überstürzt verlassen müssen; ausgerechnet jetzt, kurz vor dem orthodoxen Weihnachtsfest. Sie werden aus den USA sogar in einer Militärmaschine ausreisen müssen.

Für viele in der Öffentlichkeit wird Putin dastehen wie ein Staatsmann: ruhig und souverän. Obama hingegen wie jemand, der nicht loslassen kann, der seine Animosität zu bestimmten Politikern - Waldimir Putin oder Benjamin Netanyahu - weiter pflegt.

Verkehrte Welt!

Bei dem ganzen diplomatischen Hick-Hack geht es vor allem um Donald Trump, um dessen zukünftige Außenpolitik. Schließlich hat Trump immer wieder erklärt, dass er bessere Beziehungen mit dem Kreml anstrebt. In einem feindseligen diplomatischen Klima wird es für ihn schwer werden, dieses Ziel zu erreichen: Viele im Senat sind wenig geneigt, Trump bei seinem pro-russischen Kurs zu folgen. Im Gegenteil: Führende konservative Politiker fordern weitere, härtere Strafen gegen Moskau, lehnen Rex Tillerson als neuen amerikanischen Außenminister ab. Trump nominierte Tillerson auch, weil er für einen Neuanfang im Verhältnis zu Russland steht. Um letztlich aber dem State Department vorzustehen, braucht er die Genehmigung des Senats in den Wochen nach der Amtsübernahme.

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Miodrag Soric leitet das DW-Studio Washington

Obamas Zeit läuft indessen ab. So lange er amtiert, versucht er einen Keil in die gegnerische Partei zu treiben, möglichst viele Republikaner von Trump zu entfremden. Obamas durchaus legitimes Ziel: Möglichst viel seines politischen Vermächtnis retten.

Wie also geht es weiter? Trump muss sein Vorhaben - die Verbesserung der Beziehungen zu Russland - ein paar Wochen zurückstellen. Vorrang hat die Bestätigung seines Kabinetts durch den Senat. Putin versteht das. Er wird warten, wird Trump helfen, wo immer er das mit öffentlichen Äußerungen kann.

So sehr sich die Zeiten auch ändern: Schach bleibt ein russischer Nationalsport.

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