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Kommentar: Neue Krise in altem Gewand

5. August 2009

Die politische Krise im Iran hat ein Gesicht: Mahmud Ahmadinedschad - jetzt kann niemand mehr die Augen davor verschließen, meint Jamsheed Faroughi in seinem Kommentar.

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Themenbild Kommentar
Bild: DW

Ahmadinedschad ist offiziell am Ziel. Seine zweite Amtszeit beginnt heute mit seiner Vereidigung, begleitet von weiteren Protesten sowie einer tiefen Krise. Eine politische Krise, die im Falle der Fortsetzung der Unzufriedenheit und Proteste zu einer Legitimitätskrise führen kann. Eine Legitimitätskrise, weil der mutmaßliche Wahlbetrug und die brutale Niederschlagung der friedlichen Demonstrationen das Regime viel Vertrauen gekostet haben.

Mahmud Ahmadinedschad soll binnen zwei Wochen ein neues Kabinett vorschlagen. Eine kurze Meldung mit großer Tragweite, weil die Situation im Iran nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl sehr angespannt ist und dem ersten Augenschein nach weiterhin sehr angespannt bleibt.

Dass im Iran momentan eine folgenschwere Krise herrscht, wussten wir schon. Selbst Ayatollah Hashemi Rafsandschani hat beim historischen Freitagsgebet am 17. Juli 2009 von der Vertrauenskrise des Regimes gesprochen. Eine Vertrauenskrise, der man nicht mit äußerster Brutalität begegnen kann. Nun aber hat diese politische Krise offiziell ein Gesicht, und zwar ein bekanntes: das von Mahmud Ahmadinedschad.

Die Vertauenskrise dauert an

Seine Vereidigung und die Amtseinführung durch das geistliche Oberhaupt des Irans sind ein deutliches Zeichen für die Fortdauer dieser Vertrauenskrise und Isolation. Zum einen blieben auch heute viele namhaften Regierungskritiker, unter anderen Ayatollah Hashemi Rafsandschani und der Ex-Präsident, Mohammad Khatami, sowie die meisten reformorientierten Abgeordneten, der Vereidigungszermonie fern. Zum anderen hatten einige westliche Länder dem umstrittenen alten und neuen Präsidenten zu seiner Wiederwahl nicht gratuliert; um nur ein paar Namen zu nennen: Deutschland, Frankreich und die USA.

Jamsheed Faroughi
Jamsheed Faroughi, Leiter der persischen Redaktion von DW-Radio

Auch nach der offiziellen Vereidigung des ultra-konservativen Präsidenten werden die Proteste weiter gehen. Bereits am Vortag der Vereidigung verurteilte der Großayatollah Hossein Ali Montazeri die Schauprozesse als einen klaren Verstoß gegen die Menschenrechte.

Die internationale Gemeinschaft muss Farbe bekennen

Die politischen und wirtschaftlichen Krisen werden die zweite Amtszeit von Ahmadinedschad stark belasten. Es gibt eine lange Liste der gegenwärtigen und künftigen Probleme. Die Vereidigung und offizielle Amtseinführung können das verloren gegangene Vertrauen nicht wieder herstellen. Die Schauprozesse und erzwungenen Geständnisse können die begründeten Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Präsidentschaftswahl nicht beseitigen. Der brutale Umgang der Sicherheitskräfte mit den friedlichen Demonstranten hat den Umfang der Menschenrechtsverletzungen im Iran weltweit noch plausibler gemacht. Die Proteste werden zweifelsohne weitergehen, die Verhaftungen auch. Neben diesen hausgemachten Problemen hat die Weltgemeinschaft auch jede Menge Probleme mit den Machthabern in Teheran: Iran wird sein umstrittene Atomprogramm weiterentwickeln, Iran wird weiter Hamas und Hizbollah unterstützen und Iran mischt sich weiter im Irak und Afghanistan ein.

Die Weltgemeinschaft und vor allem die demokratischen Länder sollen Farbe bekennen. Entweder stehen sie auf der Seite der bisher glücklosen Menschen, die seit mehr als einem Jahrhundert für mehr Demokratie kämpfen, oder auf der Seite einer Regierung, die die Demokratie wie die Pest hasst.

Autor: Jamsheed Faroughi

Redaktion: Sarah Mersch