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Politik

Nawalny nutzt Putin

Rescheto Juri Kommentarbild App
Juri Rescheto
14. Dezember 2016

Russlands bekanntester Oppositionspolitiker, Alexey Nawalny, will 2018 Präsident werden. Das ist sicherlich gut für die russische Demokratie. Aber nicht zuletzt auch für Präsident Putin, meint Juri Rescheto.

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Russland Oppositionsführer Alexei Nawalny
Alexey Nawalny bei einer Kundgebung am ersten Jahrestag der Ermordung von Regimekritiker Boris NemzowBild: Getty Images/AFP/K. Kudryavtsev

Alexey Nawalny for President? Darüber wundern sich die Russen. Obwohl Nawalnys Kandidatur nur eine Frage der Zeit war. Einer Zeit, in der gegen den einstigen Blogger und Geschäftsmann im so genannten "Kirowles"-Fall ermittelt wurde. Inzwischen sind die Ermittlungen aber eingestellt worden. Also ist der Weg jetzt frei für Alexey Nawalny und seine Präsidentschaftskandidatur im März 2018.

Muss Wladimir Putin, der in anderthalb Jahren wohl ebenfalls wieder antreten wird, den eifrigen Korruptionsbekämpfer und scharfen Kreml-Kritiker fürchten? Mitnichten! Er darf sich auf Nawalny sogar freuen. Und mit ihm die gesamte russische Opposition - so paradox das auch klingt.

Achtungserfolg bei den Bürgermeisterwahlen in Moskau

Der informelle Anführer der Oppositionsbewegung hatte bisher lediglich Ambitionen auf das Amt des Bürgermeisters von Moskau. Er kandidierte 2013 und verlor gegen Putins Kandidaten Sergey Sobjanin. Aber er verlor würdig und denkwürdig: 27 Prozent aus dem Stand für Nawalny waren eine Sensation. Doppelt so viel wie in Umfragen prognostiziert. "Die Geburtsstunde eines neuen ernstzunehmenden Politikers im größten Land der Erde" titelten Gazetten damals. Die Freude unter den kritisch denkenden Russen war groß.

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Juri Rescheto leitet das DW-Studio Moskau

Am meisten gefreut haben dürfte sich aber Nawalnys Gegenkandidat Sobjanin. Er hatte ja die Wahl gegen eben jenen "neuen ernstzunehmenden Politiker im größten Land der Erde” gewonnen! Und nicht nur gegen die Pseudo-Opposition der Kommunisten und sogenannten "Liberalen Demokraten".

Und heute? Die Lage ist ähnlich: Nawalny ist der zweite, der seinen Hut in den Ring wirft. Vor ihm hatte bereits der Mitbegründer der (echten) oppositionellen Partei "Jabloko", Grigori Jawlinski seine Kandidatur erklärt. Weitere Kandidaten dürften bald folgen. Wahrscheinliche Namen: der Kommunistenchef Sjuganow, der Populist und Rechtsextremist Schirinowski sowie der Chef der Partei "Gerechtes Russland", Mironow. Alles alte Bekannte der russischen Wähler!

Jawlinski wird zwar mehr Kompetenz zugeschrieben, vor allem in der Wirtschaft, er wirkt aber deutlich weniger charismatisch als Nawalny - vor allem auf die Jüngeren. Die anderen drei standen schon auf den Stimmzetteln vergangener Präsidentenwahlen. Sie spielen seit Jahren brav ihre Rollen der russischen Scheinopposition: mal exzentrisch, mal fade - aber alle drei völlig zahnlos.

Dank Internet bekannt in ganz Russland

Also hat der Präsident im größten Land der Erde jetzt die Chance, gegen einen ernstzunehmenden Kandidaten im größten Land der Erde zu gewinnen. Und gegen einen mittlerweile in ganz Russland bekannten Politiker. Denn Nawalnys Enthüllungen der schamlosen Korruption in den höchsten Etagen der russischen Macht machen die Runde von Kaliningrad bis Wladiwostok. Das ist vor allem dem Internet zu verdanken, der schärfsten Waffe des einstigen Bloggers Nawalny, die er wohl auch in der kommenden Wahlkampagne massiv nutzen wird. Eine Waffe, die nicht nach den Gesetzen der Vertikale der Macht funktioniert: Denn Informationen im Netz verbreiten sich nicht von oben nach unten, sondern horizontal und blitzschnell.

Und die Opposition? Die darf sich freuen, weil endlich Bewegung in die russische Politik kommt. Zumindest, solange die Ermittlungen gegen Nawalny wegen angeblichen Diebstahls in besonders großem Ausmaß ruhen. Dass die gelenkte russische Justiz diese allerdings wieder aufnimmt und Nawalny im letzten Moment nicht zur Wahl zulässt, ist nicht auszuschließen. Aber das sollte dann auch Wladimir Putin wieder traurig machen.

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