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Falsches Mittel

Sybille Golte20. September 2006

Mit einem unblutigen Putsch hat das Militär im südostasiatischen Thailand die Macht übernommen und den amtierenden Premierminister Thaksin Shinawatra gestürzt. Sybille Golte kommentiert.

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Der Zeitpunkt war geschickt gewählt: Der mittlerweile abgesetzte Regierungschef Thaksin sonnte sich im Glanz der Mächtigen bei der UN-Generalversammlung in New York und die meisten Thailänder lagen schon in ihren Betten, als die Panzer am Dienstag (19.9.2006) durch die Straßen der Hauptstadt Bangkok rollten. Doch auch im Licht des neuen Tages am Morgen nach dem Putsch zeigt sich, dass die Menschen in Thailand nicht für ihren Premier ins Gefecht ziehen wollen. Es ist ruhig in Bangkok.

Er hat das Land zutiefst gespalten

Das hat seine Gründe: Thaksins Sündenregister wider die Spielregeln der Demokratie ist lang: Auf sein Konto gehen gewaltsame Übergriffe gegen die muslimische Minderheit im Süden des Landes, die Opposition ist so gut wie entmachtet und mehr als einmal hat der umtriebige Multimilliardär Thaksin seine Position für die Interessen seines weit verzweigten Wirtschaftsimperiums missbraucht. Er hat das Land zutiefst gespalten. Seine Anhänger im Norden standen der mehrheitlich im Süden des Landes agierenden Opposition unversöhnlich gegenüber.

Höhepunkt und letzter Stein des Anstoßes war eine von ihm verfügte Steuerbefreiung beim Verkauf seines Telekommunikationskonzerns für die nicht unbedeutende Summe von zwei Milliarden US-Dollar.

Verschobene Wahlen passen ins Bild

Eine demokratische Basis hatte seine Regentschaft ohnehin nicht mehr seit das oberste Gericht im Frühsommer die von der Opposition boykottierten Wahlen für ungültig erklärt hatte. Dass Thaksin entgegen einem eigenen Versprechen danach erneut das Amt des Premierministers übernommen hatte und die für Oktober geplanten Neuwahlen verschieben wollte, passt ins Bild.

Ende gut, alles gut? Wohl kaum. Wenn Panzer auf Regierungsgebäude zurollen und militärische Oberbefehlshaber das Fernsehprogramm übernehmen, ist das ebenso wenig ein beherzter Schritt in Richtung Demokratie wie die vom Militär verfügte Auflösung der Regierung und das Außer-Kraft-Setzen der Verfassung.

Vieles hängt von König Bhumibol ab

Was trieb die Generäle zum Handeln? Waren es demokratische Grundüberzeugungen oder Thaksins erklärte Absicht die obersten Ränge des Militärs mit treuen Gefolgsleuten zu besetzen? Die Antwort darauf steht noch aus. Viel hängt jetzt davon ab, wie sich Thailands greiser König Bhumibol verhält. Der Monarch feierte in diesem Jahr immerhin sein 60-jähriges Thronjubiläum und gilt zu Recht als wichtigster Stabilitätsfaktor seines Landes. Dass die Militärs schnell einen ihm vertrauten General an die Stelle Thaksins schoben und baldige Neuwahlen versprachen, lässt zumindest Raum für Hoffnungen.

Thailand muss schnell zur Normalität zurückkehren, nicht nur um der Demokratie wieder Raum zu schaffen, sondern um den Wirtschaftsaufschwung nach der großen Asienkrise nicht aufs Spiel zu setzen. Unter Thaksin lief die Wirtschaft wie geschmiert - Korruption war alltäglich. Das ist unschön. Wahr ist aber auch, dass viele Thailänder vom Aufschwung profitiert haben. Wenn es dabei bleiben soll, müssen Generäle und Panzer umgehend in die Kasernen zurück. Neuwahlen sind überfällig und es ist zu hoffen, dass sie dem Land eine stabile politische Basis verschaffen. Nichts gefährdet die Demokratie so wie Not und Armut - nicht nur in Thailand.