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Merkels Botschaft

Ingo Mannteufel15. August 2008

Beim Treffen mit Präsident Medwedew hat Bundeskanzlerin Merkel deutliche Kritik an der russischen Politik geübt. Russland täte gut daran auf die klaren Worte und die Zwischentöne zu hören, meint Ingo Mannteufel.

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Bild: DW

Als vor Wochen der Besuch von Bundeskanzlerin Merkel beim russischen Präsidenten in Sotschi für Mitte August geplant worden ist, hat sicherlich niemand damit gerechnet, dass es zu einem derart wichtigen Treffen werden würde. Doch dazu hat es der georgische Präsident Saakaschwili gemacht, als er mit Waffen die abtrünnige Republik Südossetien zurückerobern wollte. Denn Russland schlug nicht nur gewaltsam die georgischen Angreifer zurück, sondern nutzte die Gelegenheit seinerseits gegen das Nachbarland militärisch vorzugehen und weit ins georgische Kerngebiet mit Panzern und Artillerie vorzudringen.

Direkte Worte

Genau diese militärische Reaktion Moskaus hat Bundeskanzlerin Merkel beim Zusammentreffen mit Medwedew als unverhältnismäßig kritisiert. In demselben eindeutigen, aber auch diplomatischen Ton forderte Merkel Russland auf, umgehend den Sechs-Punkte-Plan zu verwirklichen und die russischen Truppen aus dem Kerngebiet Georgiens wieder zurückzuziehen. Zwar rechtfertigte Medwedew in bekannter Form das russische Vorgehen, aber er täte gut daran, auf die Zwischentöne von Merkel zu hören.

Ingo Mannteufel

Es ist sicherlich ein Zeichen für die von der deutschen Bundesregierung angestrebte gute Zusammenarbeit mit Russland, dass der Besuch Merkels stattfand und nicht abgesagt worden ist - wie es deutsche Oppositionspolitiker gefordert hatten. Damit hat die deutsche Regierungschefin unterstrichen, dass es für sie wichtig ist, mit Russland auch in schwierigen Zeiten im Gespräch zu bleiben. Das ist keine Selbstverständlichkeit, wenn man sich die Reaktionen anderer EU- und NATO-Staaten anschaut.

Indirekte Warnungen

Dennoch sollten sich Präsident Medwedew und die russische Staatsführung nicht so sicher sein, dass die deutsche Außenpolitik immer in konstruktiver und kompromissbereiter Weise auf Russland reagiert, nur weil es ökonomisch blendend zwischen den beiden Ländern läuft. Die deutsch-russischen Beziehungen sind durchaus fragil und wandelbar.

Darauf wollte die deutsche Kanzlerin auch hinweisen, als sie in ruhiger und fast zurückhaltender Art in der gemeinsamen Pressekonferenz nach dem Treffen indirekte Warnungen gegenüber Russland aussprach: Denn sie bekräftigte in bislang für sie ungewohnter Art und Weise sehr deutlich, dass die Ukraine und Georgien NATO-Mitglieder werden. Lediglich der Zeitpunkt für eine Mitgliedschaft sei offen, erklärte sie. Diese Aussage von ihr schließt die NATO-Erweiterung bereits im Dezember nicht kategorisch aus.

Zudem unterstützte sie unmissverständlich die US-amerikanische Sichtweise, dass sich die amerikanische Raketenabwehr in Polen und Tschechien nicht gegen Russland richte. Beide Aussagen von Merkel waren nicht zufällig, sondern wohl eher beabsichtigte Ergebnisse des Treffens.

Klare Grenzen

Die deutsche Bundeskanzlerin hat einerseits durch ihren Besuch deutlich gemacht, wie viel ihr an einer Zusammenarbeit und einer guten Beziehung zu Russland liegt. In dieser Hinsicht unterscheidet sie sich scheinbar noch von den USA oder den ostmitteleuropäischen EU-Staaten, die eine härtere Gangart gegen Russland fordern.

Andererseits hat die Kanzlerin auch unterstrichen, wo die Grenze nicht nur erreicht, sondern bereits überschritten ist: Denn die Teilbesetzung Georgiens durch russische Truppen und die Missachtung der territorialen Integrität eines souveränen Nachbarstaates passen nicht in die auf Zusammenarbeit ausgerichtete Berliner Russland-Strategie. Diese Botschaft Merkels sollte der Kreml heute verstanden haben.