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Politik

London, nimm den Fuß von der Bremse!

Barbara Wesel Kommentarbild App *PROVISORISCH*
Barbara Wesel
27. September 2016

Die EU will endlich ihre Zusammenarbeit in der Verteidigungspolitik verbessern. Aber schon wieder drohen die Briten mit Blockade. Wollen sie nun raus oder weiter mitreden? Beides geht nicht, meint Barbara Wesel.

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Bosnien EUFOR
Bild: picture-alliance/AP Photo/Hidajet Delic

Seit fast zwanzig Jahren wird in der EU darüber geredet, dass man bei der Verteidigung besser zusammen arbeiten müsste. Und da gibt es auch schon einige Erfolge: zum Beispiel Kampfgruppen, die allerdings noch nie ausgerückt sind. Oder die Zusammenarbeit beim Lufttransport, bei dem leider nur sieben Länder mitmachen. Klar ist die Kooperation verbesserungsfähig. Denn wenn auch die EU-Staaten zusammen über mehr Soldaten verfügen und mehr Geld für Verteidigung ausgeben als die USA - das Ergebnis ist beklagenswerte Ineffizienz. Weil eben jeder nur Seins macht.

Verteidigung als europäisches Projekt?

Die Bürger sind verunsichert und wollen eine starke Verteidigung - diese Schlussfolgerung wird aus den jüngsten Erfolgen der populistischen Parteien in Europa gezogen. Das gilt sicherlich für den Grenzschutz und dürfte auch darüber hinaus Zustimmung finden - außer bei jenen Pazifisten, die immer noch an europäische Soft-Power ohne Waffen glauben und bei den neuen Ultra-Nationalisten. Wobei ausgerechnet der ungarische Rechtsausleger Viktor Orban als einziger von einer europäischen Armee träumt - streng im christlich-abendländischen Geiste vermutlich.

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Barbara Wesel ist DW-Korrespondentin in Brüssel

Ob eine gemeinsame Verteidigung hilft, den Glauben an Europa wieder zu beleben, bleibt dahin gestellt. Niemand schreibt sich gern die Begeisterung für das Militär auf die Fahnen, es bleibt ein notwendiges Übel. Dennoch muss die EU endlich handlungsfähig werden, jedenfalls bei Katastrophen und bei zivil-militärischen Einsätzen. Und wenn die Briten nicht mehr dabei sind, bleibt nur noch Frankreich als willige und zugleich fähige Militärmacht in Europa: Diese Last wird Paris auf die Dauer nicht tragen wollen.

Zusammenarbeit ist notwendig und vernünftig

Die alten Zeiten sind vorbei, in denen es reichte, nach den USA zu rufen, um eine mehr oder minder notwendige Intervention irgendwo auf der Welt auszulösen. Da muss man gar nicht darauf warten, dass Donald Trump zum amerikanischen Präsidenten gewählt wird. Europa muss fähig werden, sich und seine Werte notfalls auch militärisch zu schützen. Und der ewige Einwand, man dürfe nicht die NATO unterminieren oder teure Doppelstrukturen schaffen, geht an der Sache vorbei. Die NATO wird bei der Territorialverteidigung weiter ihre Rolle spielen, aber Einsätze zur Sicherung von Flüchtlingslagern etwa, zum Kampf gegen Terrorgruppen und vieles mehr sind keine Aufgaben der NATO.

Kooperation bei der Verteidigung in Europa ist vernünftig, spart Geld und stärkt die politische Handlungsfähigkeit. Und sie kann die Integration durch die Hintertür fördern, gilt sie doch im Grunde als einigungsfähiges Projekt - im Gegensatz zur Flüchtlingspolitik.

Die Briten sollen sich endlich raushalten

Großbritannien hat die Zusammenarbeit bei der Verteidigung seit Jahren blockiert. Das geschah immer mit Hinweis auf die NATO, war aber eigentlich nur Ausdruck eines prinzipiellen anti-europäischen Impulses. Wenn noch in der vorigen Woche der Widerstand gegen eine angebliche europäische Armee als Popanz durch die britische Presse gejagt wurde, zeigt das, wo die Feindbilder in den dortigen Köpfen sitzen.

Jetzt aber ist Großbritannien auf dem Weg raus aus der EU. Es geht nur noch um das Wie und Wann. Und daraus folgert, dass London sich aus allen Vorhaben heraushalten sollte, die die Zukunft Europas betreffen. Die Briten haben sich lange als Bremser betätigt - wenn sie jetzt selbst noch während und nach ihrem Abgang die EU an ihrer Weiterentwicklung hindern wollen, ist das eine Unverschämtheit. Es wird Zeit für eine kleine Erpressung - oder nennen wir es ein Gegengeschäft: Großbritannien will doch gute Bedingungen für seinen EU-Ausstieg?  Das wird nur gelingen, wenn die Briten Europas Zukunft endlich nicht mehr im Weg stehen!

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