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Jetzt hört man ihm zu

24. März 2009

Bundespräsident Horst Köhler hat in seiner Berliner Rede viel Bekanntes wiederholt. Vielleicht hört ihm jetzt in der Krise jemand zu, meint Peter Stützle in seinem Kommentar.

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Bild: DW

Ein unscheinbares Wörtchen war das entscheidende in Horst Köhlers Rede: Das Wörtchen "wenn". Die derzeitige Krise könne den Ausgang des 21. Jahrhunderts prägen, sagte der Bundespräsident, und fügte an: "Ich meine: zum Guten, WENN wir aus Schaden klug werden".

Köhler wertete den weitgehenden Zusammenbruch des globalen Finanzsystems als "Ergebnis von Freiheit ohne Verantwortung". Für viele Banker sei "das Auftürmen von Finanzpyramiden zum Selbstzweck" geworden. Auf eine "angemessene Selbstkritik der Verantwortlichen" warte man bis heute vergeblich, "von einer angemessenen Selbstbeteiligung für den angerichteten Schaden ganz zu schweigen".

Nicht nur die Banker sind schuld

Doch der Bundespräsident beschränkte seine Kritik nicht auf die Finanzmarkt-Akteure. "Wir haben alle über unsere Verhältnisse gelebt", hielt er den versammelten Spitzen von Politik und Gesellschaft vor. Seit den Siebziger Jahren sei die Staatsverschuldung in Deutschland und der gesamten westlichen Welt kontinuierlich angestiegen. Man habe "Wechsel auf die Zukunft" ausgestellt und an die "Kinder und Enkel" weitergereicht in der Erwartung, dass ein permanentes Wirtschaftswachstum ihnen die Rückzahlung schon ermöglichen werde.

Nicht nur ein Wirtschaften auf Kosten künftiger Generationen diagnostizierte Horst Köhler, sondern auch eines auf Kosten armer Länder. Die Europäer hätten die Küsten Afrikas leergefischt und dürften sich nun nicht wundern, dass die afrikanischen "Fischerboote immer mehr dazu benutzt werden, Flüchtlinge nach Europa zu transportieren". Und auch auf Kosten des Weltklimas hätten die westlichen Länder gelebt.

Und hier kommt das kleine Wörtchen "wenn" ins Spiel. Wenn die derzeitige Krise zu einem Umdenken in all diesen Punkten führe, dann könne sie einen Wandel zum Guten bringen. Ob allerdings alle im Saal, die Köhler heftig applaudierten, zu einer wirklich anderen Politik bereit sind, darf doch bezweifelt werden. Und noch mehr, ob die internationale Staatengemeinschaft als Ganzes dazu bereit ist.

Immerhin: Vieles aus seiner Berliner Rede hat Horst Köhler auch schon früher gesagt, ohne dass es groß zur Kenntnis genommen worden wäre. Jetzt, in der Krise, erregt er damit Aufmerksamkeit. Vielleicht besteht ja doch noch Grund zur Hoffnung.

Autor: Peter Stützle

Redaktion: Manfred Götzke