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Kommentar: Keine Tränen für Bush

Nina Werkhäuser11. Juni 2008

Er ist noch sieben Monate im Amt, aber der Deutschland-Besuch von Präsident Bush stand unter dem Zeichen des Abschieds – eines Abschieds, der kaum einem deutschen Politiker schwerfällt. Nina Werkhäuser kommentiert

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Bild: DW

Für die Mehrheit der Deutschen ist George W. Bush der schlechteste amerikanische Präsident aller Zeiten. Und das nicht, weil sie ihn für unsympathisch hielten oder für einen mittelmäßigen Politiker. Der Grund dafür liegt tiefer: George Bush hat die Wertegemeinschaft aufgekündigt, die Deutschland und die Vereinigten Staaten seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verband. Damals waren die Amerikaner für die Deutschen Helfer in der Not und Lehrer im Fach Demokratie. Heute verstehen die einstigen Schüler ihre Lehrer nicht mehr. Den Krieg als Mittel der Politik abzulehnen, Folter zu ächten und die Menschenrechte jederzeit zu schützen – von diesen gemeinsamen Überzeugungen ist nicht viel übrig.

Bush und die Werte

Das Gefangenenlager Guantanamo, die Geheimgefängnisse des amerikanischen Geheimdienstes und der Irak-Krieg sind nur drei erschütternde Beispiele dafür. Bush hat sich bewusst für eine Politik entschieden, in der die gemeinsamen Werte nichts mehr Wert sind. Eine konstante Zwickmühle für Deutschland, denn die Vereinigten Staaten sind und bleiben ein unverzichtbarer Partner, politisch und wirtschaftlich. Der frühere Bundeskanzler Schröder reagierte mit offener Ablehnung auf den Irak-Krieg, allerdings ohne die amerikanische Regierung in der Praxis allzusehr zu brüskieren. Angela Merkel versuchte es mit Freundlichkeit und Diplomatie. Das verschaffte ihr einen besseren Zugang zu Bush. Ob sie aber mehr Einfluss auf ihn hatte, darf bezweifelt werden.

Bei seinem Abschieds-Besuch in Deutschland wiederholte der amerikanische Präsident unbeirrt, der Angriff auf den Irak sei richtig gewesen, und gegenüber dem Iran blieben alle Optionen auf dem Tisch - im Klartext heißt das: auch die militärische. In diesen Momenten setzte die Bundeskanzlerin neben ihm ihr distanziertes Gesicht auf. Ihr Lob für die gute Zusammenarbeit mit George Bush klang diesmal weniger euphorisch als bei früheren Treffen. Vielleicht war es ein Hinweis darauf, dass sich die Geduld mit George Bush auch bei Angela Merkel dem Ende zuneigt. Dass die Geduld der meisten Deutschen schon lange erschöpft ist, ist auch der amerikanischen Seite nicht entgangen: Sie planten für Bush ein Besuchsprogramm in sicherer Distanz zur brodelnden Hauptstadt Berlin.

Bei seiner letzten Deutschland-Reise verabschiedete sich Bush von der Bundeskanzlerin, aber nicht von den Deutschen – denn die hatten ihm nichts mehr zu sagen. Höchstens noch das, was ein Außenpolitiker aus der Partei der Kanzlerin ohne Scheu formulierte: Er werde Bush nicht vermissen.