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Kein Platz für Rassisten

21. März 2018

Rassistische Beleidigungen sind im deutschen Fußball Normalität. Emotion auf der Tribüne zu zeigen ist gut, meint Andreas Sten-Ziemons, aber man sollte wissen, welches Vokabular man wählt und welche Signale es aussendet.

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Fussball - Borussia Dortmund vs. FC Augsburg - Fans
Bild: picture alliance/Fotostand/Muennich

Affenlaute werden von der Tribüne gebrüllt, dunkelhäutige Spieler als "Scheiß-Neger" beschimpft. Der Schiedsrichter wird bei zweifelhaften Entscheidungen als "verdammter Zigeuner" geschmäht, gegnerische Fangruppen als "Juden" tituliert. In Zeiten, in denen in jeder Fußballmannschaft etliche ausländische Spieler unterschiedlichster Herkunft, Ethnien und Religionen unter Vertrag stehen und dunkelhäutige deutsche Nationalspieler oder solche mit ausländischen Wurzeln zur Normalität gehören, hat der deutsche Fußball offenbar noch immer ein Problem.

Was in unseren Stadien jedes Wochenende an Beleidigungen in Richtung Rasen oder gegnerische Tribüne geschleudert wird, bewegt sich oft weit unterhalb der Gürtellinie und jenseits des gesunden Menschenverstandes. Vieles ist respektlos, gedankenlos, niveaulos und verletzend. Man kann sich ausmalen, wie die Schmähungen bei denen ankommen, die selbst betroffen sind - und damit sind gar nicht mal Spieler, Schiedsrichter oder gegnerische Fans gemeint, denn die bekommen es in vielen Fällen eh nicht mit. Aber in unmittelbarer Nähe der Schreihälse sitzen oder stehen oft auch Zuschauer, die dunkelhäutig sind, jüdischen Glaubens oder die eine andere Herkunft haben als die deutsche.

Bundesliga aus mehreren Gründen prädestiniert

Die 36 Klubs der ersten und zweiten Bundesliga haben am vergangenen Wochenende mit der Aktion "Strich durch Vorurteile" zum dritten Mal nach 2012 und 2015 ein Zeichen gegen Diskriminierung, Ausgrenzung und Rassismus gesetzt. "Die Bundesliga ist dazu prädestiniert, weil sie für mehr Menschen denn je einen gemeinsamen Bezugspunkt bildet - unabhängig von Alter, Geschlecht, Einkommen, Hautfarbe oder Religion", sagte DFL-Geschäftsführer Christian Seifert. Das stimmt, die Bundesliga ist aber auch deswegen prädestiniert, weil es dort immer wieder zu Vorfällen von Diskriminierung, Ausgrenzung und Rassismus kommt.

Andreas Sten-Ziemons
DW-Sportredakteur Andreas Sten-Ziemons

Dass eine solche Aktion durchgeführt wird, ist gut. Dass sie allerdings überhaupt nötig ist, ist schade. Und ob diejenigen, die ihr Verhalten dringend ändern müssten, überhaupt erreicht werden, ist äußerst fraglich. Denn wer aus innerer Überzeugung rassistisch ist, lässt sich wahrscheinlich nur schwer "umerziehen" und schon gar nicht durch Plakate, Werbespots oder Schriftzüge auf Trikots und T-Shirts. Aber vielleicht höhlt auch hier steter Tropfen den braunen Stein. Doch wer - wie wohl die überwiegende Mehrheit - "nur" aus Dummheit oder Gedankenlosigkeit handelt, den kann man so zumindest auf sein Verhalten hinweisen - und das ist ein wichtiger erster Schritt zur Besserung.

Wer sich dagegen offen rassistisch zeigt, und andere Menschen wegen ihrer Hautfarbe, Herkunft oder Religion herabsetzt und ausgrenzt, der sollte selbst ausgegrenzt werden - und zwar aus allen deutschen Fußballstadien.

Vollpfosten und Eierköppe

Emotionen gehören zum Fußball dazu und sollen von jedem Fan auch gerne im Stadion ausgelebt werden. Aber er sollte schon reflektieren und mitbekommen, wie und mit welchem Vokabular er das tut. Der heutige Internationale Tag gegen Rassismus wäre ein guter Moment, damit anzufangen.

Und überhaupt: Die deutsche Sprache und all ihre Dialekte sind voll von "liebevollen Beleidigungen" - man muss nur davon Gebrauch machen. Statt Menschen als "Neger", Zigeuner" oder "Juden" zu beschimpfen, täten es beispielsweise auch so schöne und gänzlich unrassistische Begriffe wie "Heiopei", "Tünnes" oder "Vollpfosten". Der ehemalige Kölner Sportdirektor Jörg Schmadtke hat es vorgemacht, als er den Schiedsrichter und sein Gespann beim Gang in die Kabine einst als "Eierköppe" bezeichnete. Davon fühlte sich - abgesehen vom etwas humorlosen Unparteiischen selbst - niemand in diskriminierender Weise beleidigt.

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