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Kommentar: Kein Durchbruch

Peter Philipp31. Januar 2006

Dass Irans Atomprogramm wirklich im Weltsicherheitsrat landen wird, ist keineswegs sicher, meint Peter Philipp.

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Fernschreiber Autorenfoto, Peter Philipp

Stärker hätte der Beschluss kaum sein können, meinte ein US-Diplomat nach den nächtlichen Beratungen über die iranische Atompolitik. Und er gestand ungewollt ein, dass die ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates und Deutschland in London "eine Maus geboren" hatten: Hatten USA und EU eben noch gefordert, dass die Atomenergiebehörde IAEA noch in dieser Woche den Gang zum UN-Sicherheitsrat beschließen sollte, so heißt es jetzt nebulös, der Sicherheitsrat werde "unterrichtet", man wolle aber die nächste IAEA-Sitzung im März abwarten, bevor man den Sicherheitsrat nach einem abschließenden Bericht der IAEA zum Handeln auffordere.

Im Klartext: Die Affäre ist - entgegen den zufriedenen Erklärungen aus amerikanischen und europäischen Kreisen - vorläufig vertagt. Russland und China, aber auch die Vereinten Nationen und IAEA-Chef Muhamad el Baradei haben sich damit durchgesetzt, nachdem sie alle darauf gedrängt hatten, Zeit zu gewinnen und nichts zu überstürzen. Und ohne die Vorbehalte Moskaus und Pekings zu berücksichtigen, wäre es in der Nacht zum Dienstag erst gar nicht zu einer Einigung gekommen.

Unter diesen Umständen bleibt der Streit um Irans Atompolitik umstritten und dubios: Die Europäer hatten in letzter Zeit besonders intensiv darauf gedrängt, den Sicherheitsrat anzurufen und gegebenenfalls zu Sanktionen gegen Teheran zu bewegen. Gleichzeitig waren aber sogar in Washington die Zweifel angestiegen, ob dies überhaupt ein gangbarer Weg ist: Einmal zeigte sich immer deutlicher, dass die Verhängung von Sanktionen mit größter Wahrscheinlichkeit am Veto Chinas oder auch Russlands scheitern würde. Und zum zweiten vermochte niemand Sanktionen zu benennen, die wirklich in der Lage wären, Teheran zum Einlenken zu bewegen.

Je weniger aber Erfolg versprechende Druckmittel erkennbar waren, desto mehr drohte der Gang nach New York zum diplomatischen Fiasko zu werden.

Die Russen erneuerten dem gegenüber ihren Vorschlag, den Iran zu einer Kompromissregelung zu bewegen, die Teheran ermöglicht, das Gesicht zu wahren, gleichzeitig aber auch das Misstrauen der internationalen Gemeinschaft reduziert: Russen und Iraner sollten die umstrittene Anreicherung von Uran gemeinsam - in Russland - durchführen, ohne dass Teheran grundsätzlich auf sein Recht verzichtet, dies auch in eigener Regie im eigenen Land zu tun.

Ein solches Recht steht dem Iran aufgrund des Nichtverbreitungsabkommens zu, so lange die Anreicherung der friedlichen Nutzung von Atomenergie dient. Und im vorliegenden Fall fehlt bisher jeder klare Beweis dafür, dass der Iran - entgegen seinen Beteuerungen - andere als friedliche Ziele mit seiner Atomforschung verfolgt.

Dass es trotz dieser eindeutigen und unbestreitbaren Ausgangslage immer mehr zu internationalen Spannungen in der Frage kommt, ist nicht auf Fakten begründet, sondern auf Misstrauen des Westens gegenüber Teheran. Und allzu oft werden dabei Ursache und Wirkung verwechselt, wobei die Berichterstattung den Politikern in nichts nachsteht.

Wie im vorliegenden Fall: Da heißt es nun, in London sei beschlossen worden, den Iran vor den Sicherheitsrat zu bringen. In Wirklichkeit aber hat man genau dies erst einmal auf die lange Bank geschoben. Kein faktischer und kein diplomatischer Erfolg, bestenfalls einer der Dialektik.