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Kommentar: Kasjanow ist kein Hoffnungsträger

Ingo Mannteufel11. April 2006

Die russische Demokratie benötigt eine starke liberale Opposition. Aber sie benötigt keine Partei, die von Michail Kasjanow geführt wird, meint Ingo Mannteufel in seinem Kommentar.

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Michail KasjanowBild: picture-alliance/dpa-Report

Der frühere russische Regierungschef Michail Kasjanow hat am Wochenende in Russland eine neue Partei gegründet. Sie solle für faire Wahlen sorgen und Kern einer vereinigten liberalen Partei in Opposition zum russischen Präsidenten Putin werden. Denn Kasjanow warf dem Kreml vor, Demokratie und Marktwirtschaft abzubauen. Das Land ist laut Manifest der neuen politische Bewegung auf dem Weg in eine wirtschaftliche und politische Krise und in die internationale Isolation.

Autoritäre Tendenzen

Fraglos haben sich unter Präsident Putin die autoritären Tendenzen in der russischen Politik verstärkt und die politische Pluralität verringert. Die russische Demokratie benötigt daher bitterlich eine starke liberale Partei. Es ist auch richtig, dass die beiden liberalen russischen Parteien - Partei der rechten Kräfte (SPS) und die Jabloko-Partei - jeweils alleine politisch wenig Aussichten auf Erfolg haben. Das hat die letzte russische Parlamentswahl gezeigt. Eine neue übergreifende vereinigte liberale Partei ist für Russland sehr zu befürworten, auch weil gerade viele Russen eine liberale, nach Westen gewandte politische Alternative begrüßen dürften. Doch ist Michail Kasjanow der richtige Mann an der Spitze dieser Bewegung?

Kein neues Gesicht

Kasjanow ist kein neues Gesicht in der Moskauer Politik, denn von 2000 bis Anfang 2004 war er Regierungschef unter Putin. Er könnte daher auch in der russischen politischen Elite einige Gegner Putins vereinigen. Die Parallele zum jetzigen ukrainischen Präsidenten Juschtschenko drängt sich auf, der auch erst Regierungschef unter dem ukrainischen Präsidenten Leonid Kutschma war, und sich dann als erfolgreicher Gegenkandidaten gegen das Kutschma Regime in der "orangen Revolution" durchsetzen konnte. Doch erstens galt Juschtschenko als Mann mit weißer Weste und zweitens war er als Ministerpräsident sehr populär.

Schlechter Ruf

Beides gilt für Kasjanow nicht. In der russischen Bevölkerung ist er verhasst. Zu sehr sind seine Person und seine Politik in den Augen vieler Russen mit der Jelzin-Familie und den so genannten Oligarchen verbunden. Sein Ruf ist von wiederholten unbewiesenen Korruptionsvorwürfen beeinträchtigt, wird er doch von machen Russen "Mischa 2 Prozent" genannt - in Anlehnung an die Höhe des angeblichen Bestechungsgeldes. Es ist schwer vorstellbar, wie Kasjanow dieses - zu recht oder zu unrecht - erworbene Image in den nächsten Jahren loswerden könnte, um als aussichtsreicher Kandidat die liberalen russischen Wähler gegen den populären russischen Präsidenten Putin zu vereinen.

Kasjanow ist daher keine gute Wahl als vereinigte Galionsfigur einer demokratischen Alternative zur Kreml-Macht. Schlimmer noch, er könnte durch seinen umstrittenen Ruf die Aussichten des politisch organisierten Liberalismus in Russland auf weitere Jahre trüben.