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Kommentar: Iran ist weit weg von eigener Atombombe

Peter Philipp12. April 2006

Nach eigenen Angaben hat der Iran Uran zur Energiegewinnung angereichert. Eine Atommacht ist er dadurch noch nicht, mehr Druck und Drohung vom Westen sind deshalb auch nicht angebracht. Peter Philipp kommentiert.

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Noch zu wenige Zentrifugen für die AtombombeBild: AP
Fernschreiber Autorenfoto, Peter Philipp

Da hilft kein Heulen und kein Zähneklappern: Der Iran hat offenbar erfolgreich Uran angereichert - und er gehört nun zu den Staaten, die den atomaren Kreislauf beherrschen. Eine "Atommacht" aber ist der Iran dadurch nicht geworden. Denn über Atomwaffen verfügt er nicht. Noch nicht. Und Präsident Mahmud Ahmadinedschad beeilt sich, erneut festzustellen, dass man keine Atomwaffen erlangen und stattdessen weiter mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien zusammenarbeiten wolle.

Der technologische Durchbruch und seine inszenierte Bekanntmachung kommen einen Tag vor dem Eintreffen von IAEA-Chef Mohammed El Baradei in Teheran und knapp zwei Wochen vor Ablauf der Frist, die der UN-Sicherheitsrat dem Iran gesetzt hat, jede Anreicherungsbemühung einzustellen. So gesehen ist das sicher ein gezielter Affront gegenüber all denen, die Teheran zur Kursänderung bewegen wollen - aber doch auch die konsequente Fortsetzung der iranischen Atompolitik.

Misstrauen, aber keine Fakten

Als Unterzeichner des Nichtverbreitungsabkommens hat der Iran das Recht, Uran für friedliche Zwecke selbst anzureichern. Und alles, was man ihm in Washington, Jerusalem und inzwischen auch Brüssel an bösen Intentionen in Richtung auf eine Atombombe vorwirft, basiert auf tiefem Misstrauen, nicht aber auf Fakten. Zu Recht oder nicht: Der Iran fühlt sich dadurch wieder einmal vom Ausland unter Druck gesetzt und bevormundet. Und er will sich selbst und der Welt beweisen, dass man stark genug ist, sich dem zu widersetzen.

Dabei hatte niemand daran gezweifelt, dass der Iran über fähige Wissenschaftler verfügt, die in der Lage sein würden, den Vorsprung wettzumachen, den andere Staaten ihm gegenüber in der Atomfrage hatten. Das Problem ist vielmehr: Hat der Iran fähige Politiker, die in der Lage sind, diese Kapazitäten sinnvoll und nutzbringend einzusetzen? Man möchte daran zweifeln. Denn so begeistert der technologische Durchbruch im Iran auch gefeiert wird, so sehr wird sich dadurch nun wohl auch die Kluft zu den Staaten vergrößern, die misstrauisch sind gegenüber Teheran.

Eigene Bombe ist weit weg

Im Kern aber bleiben die Dinge unverändert: Der Iran mag nun zwar mit 164 Zentrifugen Uran auf 3,5 Prozent angereichert haben, um Bomben herzustellen, sind aber Tausende von Zentrifugen und eine Konzentration von etwa 90 Prozent nötig. Und davon ist man in Teheran Jahre entfernt. Es wäre fatal, wenn die erste Anreicherung nun zu irreversiblen Maßnahmen führen würde - vielleicht sogar einem militärischen Angriff.

Im Gegenteil: Der Iran hat sich nun aus der Rolle des verfolgten "Underdog" befreit. Der Westen aber spricht so viel von Diplomatie, dass er diese vielleicht endlich auch einmal einsetzen sollte. Nicht Druck und Drohung, sondern ehrlicher Dialog und gleichzeitige Kontrolle können Misstrauen abbauen. Man vergibt sich damit nichts - es sei denn, man verfolgt eigentlich ganz andere als die erklärten Ziele gegenüber dem Iran.