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Kommentar: Atomgespräche

Jamsheed Faroughi15. April 2012

Der Neustart der Atomgespräche nach einem Jahr verlief ermutigend. Diplomaten sprachen in Istanbul von konstruktiven Gesprächen und weitere sind geplant. Jamsheed Faroughi kommentiert.

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Die Weltgemeinschaft blickte mit großen Erwartungen nach Istanbul. Hoffnung und Sorge lagen dicht beieinander: Hoffnung auf ein Signal für eine friedliche Lösung des Atomkonflikts mit dem Iran; Sorge vor weiterer Eskalation, sollte das Treffen ergebnislos enden - einer Eskalation mit unvorhersehbaren Folgen für den ohnehin instabile Lage im Nahen Osten.

Die Sorge vor einem Scheitern des Atomgipfels waren durchaus berechtigt. In der Vergangenheit waren schon genügend Gespräche gescheitert, hat es viele Enttäuschungen gegeben. Die letzte Gesprächsrunde in Istanbul hatte vor fast 15 Monaten  geendet, bevor sie ernsthaft begonnen hatte.

Der positive Ausgang der Gespräche am Samstag lässt hoffen, dass die Machthaber in Teheran erwacht sind aus ihrer Illusion, unendlich lange auf Zeit spielen zu können. Dass der iranische Atom-Chef-Unterhändler, Saeed Jalili, mit "konstruktiven Vorschlägen" nach Istanbul eilte, zeigt in aller Deutlichkeit, dass auch der Kreis um den ultrakonservativen Führer Irans, Ayatollah Khamenei, die "Botschaft der Zeit" verstanden hat. Es scheint, als hätten selbst die Abenteurer in Teheran die Notwendigkeit von Kompromissen erkannt. Was hat den Sinneswandel der iranischen Führung bewirkt?

Erstens die Erkenntnis, dass die Hinhaltetaktik nicht mehr funktioniert. Der Iran hat jahrelang auf Zeit gespielt, und zwar mit Erfolg. Aber Hinhaltetaktik hat ein Verfallsdatum: Sie  funktioniert nur, solange man sie geschickt und im Geheimen betreibt. Diese Taktik ist aber längst entlarvt. Eine weitere Fortsetzung verärgert die Weltgemeinschaft nur noch weiter und hilft niemandem.

Jamsheed Faroughi, persische Redaktion Deutsche Welle DWW0465
Jamsheed Faroughi, Leiter der Persischen Redaktion der DWBild: DW

Zweitens haben die Spannungen mit dem Iran in den letzten Monaten enorm zugenommen. Diese Eskalation zeigt sich nicht nur in schärferer Rhetorik: Die USA haben eine zweite Flugzeugträgergruppe in den Persischen Golf geschickt und ihre ohnehin umfassenden Verteidigungsmaßnahmen in der Region verstärkt. Zusammengefasst kann man sagen: Die Kriegsgefahr im Iran war noch nie so groß wie jetzt.

Und zuletzt zeigen die Sanktionen schmerzhafte Wirkung. Entsprechend war die Hauptforderung Irans in den gegenwärtigen Verhandlungen mit den Unterhändlern der 5+1 Gruppe auch, die Sanktionen aufzuheben. Dies zeigt deutlich, dass die Sanktionen tatsächlich greifen. Die Ausweitung der Sanktionen in den letzten Monaten auf die iranischen Banken und den Öl- und Gassektor haben die Einnahmen Irans aus dem Öl-Export drastisch einbrechen lassen. Mehr als 80 Prozent der Staatseinnahmen des Iran hängen direkt von dem Öl-Export ab. Ein ungestörtes Ölgeschäft ist für die Machthaber in Teheran lebenswichtig.

Die Wiederaufnahme und Fortsetzung der Gespräche nach fast 15 Monaten ist ein gutes Zeichen. Aber es wäre naiv anzunehmen, dass diese neue Verhandlungsrunde schon die entscheidende Wende im Atomkonflikt mit dem Iran ist. Bis zu einem "Happy End" im Atomstreit mit dem Iran ist es ein langer und steiniger Weg.

Die Machthaber im Iran müssen nun ihre nuklearen Aktivitäten restlos offen legen. Sie müssen für Transparenz sorgen und Vertrauen bilden. Gerade das dürfte schwierig werden. Der Iran hat schon zu viel Vertrauen verspielt und noch immer kann sich der Maulheld Ahmadinedschad uneingeschränkt zu Wort melden.