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Google wird normal

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Henrik Böhme
11. August 2015

Aus Google wird Alphabet. Nur ein neuer Name oder steckt doch mehr dahinter? Der Konzern, der unser digitales Leben beherrscht, wird ein bisschen normaler. Mehr nicht, meint Henrik Böhme.

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China Google Bus in Peking
Bild: imago/UPI Photo

So, jetzt mal alle ganz tief durchatmen. Es ist ja nun über Nacht keine neue Erde entstanden. Auch wenn durchaus ein Zittern vernehmbar war in diesem, ähm... Internet, als der Normaleuropäer noch schlief. Es ist einfach nur etwas total Normales passiert: Ein Unternehmen gibt sich eine neue Struktur. So was gehört zu Alltag einer jeden Firma, sei sie groß oder klein.

Wer überleben will, der muss sich verändern können

Okay, Sie haben recht: Google ist keine normale Firma. Google ist das Eingangstor zum Netz, Google bringt uns von A nach B und zeigt uns, wenn wir angekommen sind, wo es die nächstbeste Pizza gibt. Google sammelt unsere digitalen Footprints und bastelt ein Profil daraus. Damit will es uns Dinge anbieten, von denen wir noch gar nicht wussten, dass wir sie kaufen wollen.

Google will das Internet in entlegenste Ecken der Welt bringen, aus reinster Nächstenliebe, versteht sich. Google will das selbstfahrende Auto bauen und könnte mit dem Inhalt seiner Kriegskasse glatt Volkswagen aufkaufen. Und gekauft hat Google schon reichlich. Firmen, die zukunftsfähige Produkte bauen: Thermostate, die ins heimische Netzwerk eingebunden werden können. Oder Medikamente, die unser Leben verlängern, damit wir länger Google benutzen können. Dass Google auch mal Youtube gekauft hat, ist fast schon vergessen.

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Henrik Böhme, DW-WirtschaftsredaktionBild: DW

Jetzt ist es Zeit, die Garage zu verlassen

Aber in diesen vergangenen wilden 17 Jahren, seit es die Firma gibt, ist eben nun ein riesiger Gemischtwarenladen daraus geworden. 66.000 Mitarbeiter, 66 Milliarden US-Dollar Umsatz. Alles ziemlich intransparent. Was die Börse nicht gut findet und offenbar auch nicht mehr wirklich steuerbar ist für die beiden Gründer und Chefs Larry Page und Sergey Bryn.

So wird der ganze Laden jetzt mal feucht durchgewischt, man baut mit Alphabet eine Holding, unter deren Dach man die Bereiche besser sortieren kann. Wenn man so will: In einen Bereich, der Geld verdient und in einen, der es ausgibt. Das ist eine rein unternehmerische Entscheidung, und die kommt sicher nicht wirklich überraschend.

Denn auch - oder erst recht - ein Unternehmen wie Google muss sich fit machen für die Zukunft. Wer sagt denn, dass es Google in zehn Jahren noch geben muss? Vielleicht existiert da im Silicon Valley schon irgendwo ein Startup, von dem wir noch nichts wissen, das aber noch viel bessere Algorithmen hat als Google oder ganz andere Vorstellungen über die Vernetzung der Welt?

Facebook ist mobil besser

Nein, es ist nicht wirklich etwas Dramatisches passiert heute Nacht. Google musste einfach reagieren, denn die große Geldmaschine ist die Internet-Suche schon lange nicht mehr. Das Anzeigen-Geschäft schrumpft, die Werbeetats verlagern sich auf die mobilen Geräte. Dort aber ist Facebook momentan schlicht besser unterwegs als Google. Das können Page, Bryn und die anderen in Mountain View unmöglich auf sich sitzen lassen.

Alphabet mit A wie Aufbruch in eine neue Zeit. Womöglich ein Zufall, aber "Alpha" ist an der Börse eine Kennziffer für den Teil der Rendite, der nicht mit der allgemeinen Marktentwicklung zu erklären ist. Und "bet", das ist die Wette auf die Zukunft. Sie könnte aufgehen. Google, sorry Alphabet, ist jetzt ein normales Unternehmen, bloß eben eines mit ganz besonderen Ambitionen.

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Henrik Böhme Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Auto- und Finanzbranche@Henrik58