1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kommentar: Geheimdienstaffäre im Weißen Haus

Daniel Scheschkewitz, Washington29. Oktober 2005

Mit der Anklage gegen Lewis Libby ist auch die Bushregierung ins Zwielicht geraten. Der Verdacht steht im Raum, dass führende Mitarbeiter von Präsident Bush bereit waren, zu lügen, um Kritik zu unterdrücken.

https://p.dw.com/p/7Nnp

Wenn es stimmt, wofür Sonderermittler Fitzgerald glaubt, genügend Indizien zu haben, dann wusste man bis in die Spitzen des Weißen Hauses von der Tätigkeit Valerie Plames lange bevor ihre verdeckte Identität von Journalisten gelüftet worden war. Aber woher wussten die Journalisten, was Libby nachweislich nicht von ihnen, sondern unter anderem von seinem Chef, Vizepräsident Cheney erfuhr? Wer hat das Geheimnis um ihren Status vor Journalisten gelüftet und sie damit als Agentin kaputt gemacht? War es ein politischer Racheakt, der Libby plaudern ließ, und kam die Anordnung möglicherweise von ganz oben? Wie in jedem rechtsstaatlichen Verfahren gilt bis zum Beweis des Gegenteils die Unschuldsvermutung auch für Lewis Libby. Genauso wie für Bushs Topberater Karl Rove, gegen den zwar noch keine Anklage erhoben wurde, gegen den aber offenbar weiter ermittelt werden soll.

Parallelen zur Watergate-Affäre

Nun ist auch Vizepräsident Dick Cheney in Erklärungsnot geraten und er wird selber im Prozess gegen Libby in den Zeugenstand treten müssen. Dies allein ist ein bemerkenswerter Vorgang und erinnert an den Watergate–Skandal , der Ende der Siebziger Jahre erst Nixons Vizepräsidenten Agnew und dann Nixon selbst zum Rücktritt zwang. Soweit ist es in diesem Fall noch lange nicht. Aber Präsident Bushs vollmundiges Versprechen zu Beginn seiner Amtszeit, in Washington wieder Anstand und Würde einkehren zu lassen, klingt nun eher hohl. Eine doppelte Meineidsanklage gegen einen der führenden Mitarbeiter der Regierung bleibt auch am Präsidenten selber haften.

Unrühmliches Ende für Bush?

Außerdem scheint Bush inzwischen auch innenpolitisch die Fortune abhanden gekommen zu sein. Seine Kandidatin für den Posten der höchsten Richterin am "Supreme Court" fiel gnadenlos durch, sein politischer Weggefährte Tom Delay wird in Texas der Prozess wegen Geldwäsche gemacht – all das addierte sich in den letzten Tagen zu einer handfesten Krise für die Bushregierung. Soviel politisches Drama hat Washington schon lange nicht mehr erlebt. Wie "Plamegate", die Affäre um die enttarnte Cia-Agentin enden wird, weiß noch keiner – doch der Verdacht liegt nahe, dass am Freitag ein weiteres Kapitel im unrühmlichen Ende der Präsidentschaft von George W. Bush geschrieben worden sein könnte.