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Falsche Strategie

Peter Philipp23. Januar 2007

Die Europäer haben sich lange für eine diplomatische Lösung im Iran-Konflikt eingesetzt. Jetzt will die EU die UN-Sanktionen gegen den Iran strikt umsetzen. Das ist die falsche Strategie, findet Peter Philipp.

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Im Atomstreit mit dem Iran fahren die Europäer scheinbar schweres Geschütz auf, aber irgendwie will das nicht so recht überzeugen: Fast auf den Tag genau einen Monat nach der Verabschiedung der Sanktionsresolution des UN-Sicherheitsrates beschließt die EU nun, dass sie diese Resolution auch wirklich anwenden wolle. Kaum mehr als das.

Seltsame Bekenntnisse der Europäischen Union

Nur graduell demonstriert man etwas mehr Entschlossenheit als von der UNO gefordert: Man wolle wirklich Formen und Einzelpersonen aus dem Iran boykottieren und sanktionieren, die mit der iranischen Atompolitik zu tun haben, und man wolle jede direkte Unterstützung für die iranische Atompolitik unterbinden. So, als habe man diese bisher offen und offiziell unterstützt. Als gebe es nicht schon längst gesetzliche Einschränkungen des Handels mit strategisch wichtigen und so genannten "dual use" Gütern, die möglicherweise zur Entwicklung und zum Bau von Massenvernichtungswaffen geeignet wären.

Fernschreiber Autorenfoto, Peter Philipp

Europa lässt die Muskeln spielen. So, als könne es damit jemanden beeindrucken und als könne es damit etwas ändern. Dabei haben doch die letzten Jahre zur Genüge gezeigt, dass Druck und Drohungen eher das Gegenteil bringen: Teheran wird dadurch umso mehr in eine "jetzt-erst-recht" Haltung gedrängt und dem Protagonisten des harten iranischen Kurses, Präsident Ahmadinedschad, gelingt es immer wieder aufs Neue, Druck - auch die Androhung von Druck - von außen in größere innere Solidarität zu verwandeln.

Im Iran wächst die Kritik am Präsidenten

Dabei sind die Iraner durchaus imstande, den Kollisionskurs ihres Präsidenten auch selbst zu kritisieren und sie tun dies in wachsendem Maße: Nicht nur liberale und - von den Behörden bedrängte - Reform-Kreise werfen Ahmadinedschad vor, das Land unnötig zu isolieren. Von seinem Sitz in Ghom erhob jetzt auch der greise Großayatollah Hossein Ali Montazeri seine Stimme gegen den Präsidenten, und selbst von Seiten des "Obersten Führers", Ayatollah Ali Chamenei, ist Unzufriedenheit zu hören.

Montazeri fordert Verhandlungen statt Konfrontation und ähnlich dürften viele Iraner denken. Sie teilen mit dem Großayatollah die Überzeugung, dass der Iran natürlich ein Recht auf die Nutzung von Atomenergie habe. Sie wissen aber genau so gut wie Montazeri, dass der gegenwärtige Kollisionskurs niemandem nützt.

Europa lässt die Gemäßigten im Iran im Stich

Die Europäer sollten die wachsende interne Kritik an der Politik des iranischen Präsidenten aber nicht missverstehen: Die Befürworter des Dialoges im Iran werden mittel- bis langfristig nur dann Erfolg haben, wenn sie auf jemanden verweisen können, mit dem dieser Dialog auch wirklich mit etwas Aussicht auf Erfolg geführt werden kann. Fährt Europa aber einen ähnlich harten Kurs wie die USA, dann lässt es damit die Gemäßigten in Teheran im Stich.

Dabei hatte Europa ja zunächst verhandelt und hatte sich als diplomatisch gemäßigte Alternative zum Kurs des Weißen Hauses angeboten. Irgendwann schwenkte es dann aber doch auf den Kurs der USA ein, und heute ist kaum noch ein Unterschied zu sehen. So wird eine Lösung kaum zu finden sein.