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Politik

Eine Ohrfeige für die Opfer - und für Präsident Kabila

Koepp Dirke Kommentarbild App
Dirke Köpp
9. Juni 2018

Freispruch und vorläufige Freilassung des mutmaßlichen Warlords Jean-Pierre Bemba sind unverständlich. Eine Rückkehr Bembas in den Kongo könnte dort neue Gewalt nach sich ziehen, meint Dirke Köpp.

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Demokratische Republik Kongo Anhänger Jean-Pierre Bemba
Anhänger von Jean-Pierre Bemba in Kinshasa feiern seine HaftentlassungBild: Getty Images/AFP/J. Wessels

Nun ist er also (vorläufig) frei: Jean-Pierre Bemba, früherer kongolesischer Vize-Präsident und  darf man das noch sagen? – Warlord. Nachdem die Berufungskammer des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) am Freitag (8.6.2018) Bembas Verurteilung zu einer langen Haftstrafe aufgehoben hatte, haben die Richter ihn am Dienstag (12.6.2018) nun auch vorläufig auf freien Fuß gesetzt.

2016 war Bemba für schwere Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Zentralafrikanischen Republik in den Jahren 2002 und 2003 verantwortlich gemacht worden. 18 Jahre sollte er dafür hinter Gitter. Zwar habe er nicht mit eigenen Händen gemordet, hieß es damals in der Urteilsbegründung, er sei aber als Chef und Befehlshaber der Rebellengruppe MLC für deren Verbrechen verantwortlich. Er habe die Milizionäre nicht von Mord, Vergewaltigung und Folter abgehalten. Das war 2016. Drei der fünf Berufungsrichter sahen das nun aber anders und warfen ihren Erstinstanz-Kollegen schwere Verfahrensfehler vor.

Erneute Haft ist unwahrscheinlich

Empörung, Wut, Unverständnis - das sind die Gefühle, die nach diesem Urteil dominieren. Und erst recht nach der vorläufigen Freilassung Bembas. Zwar wollen die die Richter am 4. Juli entscheiden, wie hoch die Strafe in einem Prozess wegen Zeugenbestechung ausfällt. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass Jean-Pierre Bemba wieder in Haft kommt, geht gegen Null.

Dirke Köpp (Foto: DW)
Dirke Köpp leitet die Redaktion Französisch für Afrika

Besonders der Freispruch ist eine Ohrfeige für die vielen Opfer der mörderischen Miliz. Opfer, weil sie vergewaltigt wurden. Und als Folge vielleicht auch noch an Aids erkrankten. Weil ihre Angehörigen ermordet wurden. Weil sie ihr Hab und Gut verloren. Weil sie ihr Leben lang traumatisiert sind. Weil sie bis heute stigmatisiert werden. Oder tot sind.

Natürlich ist es schwer, Verbrechen zu beurteilen, die zu einer anderen Zeit und auf einem anderen Kontinent geschehen sind. Ja, und natürlich war Bemba selbst zur Zeit der Verbrechen nicht vor Ort. Doch haben Menschenrechtsorganisationen und die Chefankläger des IStGH genügend Beweise vorgelegt, die für eine Schuld Bembas sprechen. Für seine Verantwortung, nicht genug gegen die Verbrechen seiner Milizionäre unternommen zu haben. Und diese Beweise lagen auch den Berufungsrichtern vor.

Konkurrenz für Kabila

Neben der Empörung in Bezug auf die Opfer, gibt es einen anderen wichtigen Aspekt: Denn Jean-Pierre Bemba wird sich wieder aktiv in die kongolesische Politik einmischen. Und die ist schon ohne einen mutmaßlichen Kriegsverbrecher kompliziert und brutal genug. Der Freispruch Bembas ist auch für Kongos Präsidenten Joseph Kabila eine Ohrfeige. Mancher Verschwörungstheoretiker spricht sogar von einem Komplott oder einer Taktik, Kabila aus dem Amt zu drängen. Denn Jean-Pierre Bemba hat immer noch viele Anhänger im Kongo und stellt einen ernst zu nehmenden Konkurrenten für Kabila und - falls er nicht antreten sollte - seine Regierungspartei dar bei der für Dezember 2018 geplanten Präsidentenwahl.

Vor allem aber macht eine mögliche Rückkehr Bembas in den Kongo Angst vor weiterer Gewalt: Denn falls sich Bemba, der zehn Jahre hinter Gittern saß, tatsächlich in den (Wahl-)Kampf gegen Kabila stürzt, ist damit zu rechnen, dass dieser Kampf neue Opfer fordern wird.

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