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Politik

Eine Maus, die brüllen will

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert
11. Dezember 2017

Die EU kritisiert gerne die Nahost-Politik aller anderen Staaten, macht aber selbst keine Vorschläge. Das ist für den Staatenbund, der die palästinensische Autonomie finanziert, definitiv zu wenig, meint Bernd Riegert.

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Belgien EU und Ägypten wollen Zusammenarbeit ausbauen
EU-Außenbeauftragte Mogherini: Die EU möchte mitmischen, kann es aber nicht Bild: Reuters/E. Vidal

Den provozierenden Vorstoß von US-Präsident Donald Trump, Jerusalem als Hauptstadt des Staates Israel anzuerkennen, findet die Europäische Union schlecht. Das bringe nur Unruhe, Aufruhr und verhärtete Fronten, waren sich die die 28 EU-Außenminister einig. Und zwar alle. Das kurze Intermezzo aus Tschechien war schnell wieder vorbei. In Prag hatte der ewig knötternde, aber wenig Ernst genommene Präsident die Nachahmung des Trump'schen Alleingangs empfohlen. Die Einigkeit, dass nur eine "Zwei-Staaten-Lösung" Israel und Palästina weiter bringe, sei "bemerkenswert" gewesen, prahlte die EU-Außenbeauftragte Mogherini.

Einigkeit im Stillstand

Diese Geschlossenheit beeindruckte den Gast aus Israel nur wenig. Benjamin Netanjahu hat die Europäische Union, weil in seinen Augen zu Palästinenser-freundlich, schon lange abgeschrieben. Er setzt auf die USA und seinen neuen besten Freund Trump. Die Palästinenser machen das Gegenteil. Sie verfluchen die USA und wollen lieber die EU in einer aktiven Vermittlerrolle sehen. Wie soll das jemals zusammengehen?

Riegert Bernd Kommentarbild App
Europa-Korrespondent Bernd Riegert

Die Europäische Union, das machte die EU-Außenbeauftragte klipp und klar deutlich, hat keine eigene Nahost-Politik. Eigene Initiativen sind ausdrücklich ausgeschlossen. Man wartet wie immer auf die Weisheit auf Washington. Doch da kann man wohl lange warten. Präsident Obama hat es schon nicht geschafft, die Parteien an einen Tisch zu bringen. Sollte dies dem unberechenbaren Trump gelingen, wäre das ein politisches Wunder.

Die EU macht sich klein, trotz  ihrer großen Rolle in dem Konflikt. Immerhin finanziert sie einen guten Teil des palästinensischen Haushalts und hält das Leben in Gaza und im Westjordanland aufrecht. Übrigens auch mit ausdrücklicher Unterstützung Israels, denn sonst fiele diese Aufgabe der Besatzungsmacht zu.

Schon oft haben auch EU-Politiker gefordert, dass die EU aktiver werde müsse. Bisher blieb es beim eher sturen Festhalten an der "Zwei-Staaten-Lösung" oder "Land-für-Frieden"-Regel, die Israelis und Palästinenser in den 1990er-Jahren entwickelt haben. Seither ist viel probiert worden, aber wenig geschehen. Funktioniert hat es nicht. Das liegt sowohl an der ablehnenden Haltung der untereinander zerstrittenen Palästinenser, als auch an der ablehnenden Haltung der Regierung Netanjahu.

Und jetzt?

Jetzt wäre es an der Zeit, dass die EU realistische Alternativen entwickelt, um den Stillstand zu überwinden. Das braucht Zeit und gute Ideen. Vielleicht könnte der französische Präsident Emmanuel Macron diesen dritten Weg beschreiten, wenn die widerspenstigen Briten ausgetreten sein werden und auch in Berlin die bisher eher passive Kanzlerin überzeugt werden kann.

Das wäre bestimmt besser, als auf die wundersamen Vorschläge aus dem Hause Trump, gemeint ist auch sein Schwiegersohn Jared Kushner, zu warten. Die EU sollte handeln, statt nur die Nase über die Unfähigkeit oder den Unwillen der übrigen Beteiligten zu rümpfen. In diesem Zusammenhang hat die unsensible, verstörende Jerusalem-Erklärung des US-Präsidenten wenigsten ein Gutes: Es wird wieder über den ungelösten Nahost-Konflikt gesprochen, auch in Europa.

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Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union