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Kommentar: Einbürgerungstests - eine gute Idee

Deanne Corbett (con)22. März 2006

Es sollte einen Test für Anwärter auf die deutsche Staatsbürgerschaft geben. Allerdings müssen sich die Bundesbürger zuerst darüber einig werden, was es denn heißt, deutsch zu sein, findet Deanne Corbett.

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Deutsch zu lernen ist für viele Einwanderer ein erster Schritt zur besseren IntegrationBild: dpa

Bisher haben zwei Bundesländer Vorlagen geliefert, wie sie den Einbürgerungsprozess strikter gestalten möchten. Während Baden-Württemberg einen Gesprächsleitfaden zu kulturellen Werten für die Einbürgerungskandidaten parat hält, will Hessen die neuen Bürger in deutscher Geschichte, Geographie, Kultur und aktueller Politik testen.

Die Vorschläge gehen in die richtige Richtung. Dass auch andere Bundesländer nun überlegen, wie sie die Einbürgerung sinnvoller gestalten können, zeigt, wie überfällig die Diskussion ist. Genauso wie auch die politische Debatte über ein besseres Prozedere überfällig war, denn der vor zwei Jahren gefundene Kompromiss war für alle nur unbefriedigend.

Auf Einwanderer angewiesen

Deutschland ist ein Einwanderungsland, auch wenn viele Deutsche das weiterhin nicht wahrhaben wollen. Ein Blick auf die demographische Entwicklung zeigt, dass das Land auch in Zukunft auf Einwanderer angewiesen sein wird. In Sachen Integration hinkt die Bundesrepublik aber noch hoffnungslos hinterher. Die jetzigen Maßnahmen zur besseren Integration – dazu gehören auch Einbürgerungstests – sollen die Gettoisierung von Ausländern, insbesondere der großen Zahl türkischer Mitbürger stoppen.

Nicht zufällig kamen Vorstöße, das Ausländerrecht zu reformieren, in Deutschland und anderen europäischen Staaten nach den Anschlägen vom 11. September auf die Agenda. Denn seitdem stehen Muslime unter nie da gewesener, argwöhnischer Beobachtung. Die Bedrohung durch islamistische Extremisten, deren Hass auf die westliche Lebensweise nun gut dokumentiert ist, hat den Blick der Deutschen auf jene Anhänger des Islams gelenkt, die mitten unter ihnen leben. Und die meisten Nachrichten, die sie erreichen, sind negativ – seien es Berichte über einen Ehrenmord in Berlin, über die Zwangsverheiratung von jungen, Kopftuch tragenden Frauen, oder über Schulhöfe, auf denen mehr Kinder türkisch als deutsch sprechen.

Bitte nicht 16 verschiedene Tests

Zwar ist der Wunsch verständlich, jene Immigranten auszusortieren, die sich standhaft weigern, sich der deutschen Lebensweise anzupassen oder sie auch nur zu akzeptieren. Aber der Bund sollte verhindern, dass jedes Land die Angelegenheit nach eigenem Gusto regelt. Das würde nur einen Schwall von undurchdachten Konzepten wie jene von Baden-Württemberg und Hessen fördern.

Baden-Württembergs Gesprächsleitfaden für Anwärter auf die deutsche Staatsbürgerschaft etwa hatte schnell den Spitznamen "Moslemtest" weg, nicht ohne Grund. Viele der vorgegebenen Fragen, zum Beispiel zur Gleichstellung von Frauen und Männern oder zu Homosexualität, sollen dem Fragesteller helfen, die Toleranzfähigkeit insbesondere muslimischer Kandidaten zu bewerten. Tatsächlich würden aber auch in Deutschland geborene und aufgewachsene Testpersonen oft nicht die politisch korrekte Antwort liefern.

Auch Hessens Katalog mit 100 Fragen, die ein deutscher Staatsbürger beantworten können soll, ist dubios. Es ist zu bezweifeln, dass die Mehrheit der Deutschen in der Lage wäre, drei deutsche Mittelgebirge zu benennen, zu sagen, wofür Otto Hahn berühmt wurde oder was im Mittelpunk von Caspar David Friedrichs Rügen-Gemälde steht.

Mehr als nur ein Stempel

Weder eine einschüchternde Liste von Fragen im Stil diverser Quizshows noch eine Befragung von Muslimen zu ihrer Glaubensfestigkeit sind die richtige Lösung. Wenn überhaupt, sollten sich Fragen eines solchen Interviews darauf beziehen, was es heißt, Deutscher zu sein - dafür wäre es allerdings erstmal notwendig, dass die Deutschen unter sich darüber einig werden.

Die deutschen Gesetzgeber sollten sich zudem darüber klar werden, dass die Verleihung von Staatsbürgerschaft mehr verlangt, als einen Stempel unter ein Dokument zu setzen und einen Pass auszustellen. Es sollte vielmehr der Höhepunkt eines mehrjährigen Integrationsprozesses sein, der einer Bewerbung um die Staatsbürgerschaft vorausgeht. Ein deutliches Bekenntnis, Integration zu fördern, ist also unbedingt notwendig.

Es ist kein Thema, dass Anwärter auf die deutsche Staatsbürgerschaft ihr Bekenntnis zum neuen Heimatstaat beweisen sollen, indem sie die Sprache lernen und sich bemühen, das politische System, die Geschichte und die Kultur zu verstehen. Ein angemessener, national einheitlicher Test, könnte zusammen mit einer Einbürgerungszeremonie - wie in Einwanderungsländern wie den USA oder Kanada üblich - die Verleihung der Staatsbürgerschaft zudem in einen feierlichen und stolzen Moment verwandeln.