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Keine Überraschung für Sambia

Chiponda Chimbelu /jh30. Oktober 2014

Sambias neuer Interimspräsident heißt Guy Scott. Seine Hautfarbe und britische Herkunft sorgen für Schlagzeilen in westlichen Medien - in Sambia selbst spiele das aber keine Rolle, meint DW-Reporter Chiponda Chimbelu.

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Guy Scott (Foto: AP)
Bild: Reuters/AP Photo

Es war nicht die Meldung vom Tod des sambischen Präsidenten, die die Welt aufhorchen ließ, sondern die Nachricht, dass Guy Scott - ein Weißer! - das Land jetzt als Interimspräsident regieren soll.

Als jemand, der in Sambia aufwachsen ist, hat mich die Meldung überhaupt nicht überrascht. Denn Guy Scott ist seit Jahren in der Politik. Er war Landwirtschaftsminister in der ersten demokratisch gewählten Regierung des Landes - ein Amt, in dem er auch eine wichtige Rolle dabei spielte, Sambia aus der Hungerkrise von 1991 bis 1992 zu lenken.

Später trat Scott von seinem Posten zurück und gründete seine eigene Partei. Er arbeitete mit anderen Politikern zusammen in der Opposition. 2001 schloss er sich dann der Patriotischen Front an - gegründet von Michael Sata, der damals wie Scott als Minister in der ersten demokratisch gewählten Regierung Sambias saß. Bis zum 29. Oktober 2014 war Scott schließlich Vizepräsident unter Sata.

Der weiße Patriot

Guy Scott ist ein sambischer Patriot. Geboren wurde er 1944 in Livingstone, einer Stadt an der Grenze zu Simbabwe, nahe der berühmten Viktoriafälle. Scotts Vater war 1927 nach Nordrhodesien ausgewandert, wie Sambia vor der Unabhängigkeit hieß. Schon der Vater war ein politischer Mensch und unterstützte den Kampf für afrikanische Rechte. Auch der junge Scott spielte eine Rolle in Sambias Kampf um die Unabhängigkeit.

"Ich bin schon lange politisch aktiv. Als Schuljunge habe ich mich in der Befreiungsbewegung engagiert", sagte Scott 2013 in einem Interview mit der britischen Zeitung "The Telegraph". Scotts Biographie macht ihn im Land zu einer glaubwürdigen Person für ein hohes politisches Amt in Sambia, vergleichbar mit anderen bekannten Familien, die eine wichtige Rolle bei der Gründung der Nation gespielt haben.

Barack Obama und Guy Scott mit Frauen im Weißen Haus (Foto: White House)
Guy Scott vertrat den Präsidenten Sambias auch bei offiziellen Terminen - hier mit seiner Frau im Weißen HausBild: Official White House/Amanda Lucidon

Die Tatsache, dass Scott weiß ist, ist offenbar ein Fakt, der viele westliche Medien interessiert. In Sambia selbst aber ist Scott einfach ein Afrikaner wie jeder andere auch. "Er ist ein Schwarzer in der Haut eines Weißen", sagte Nathan Phiri, ein Busfahrer in der Hauptstadt, der Nachrichtenagentur Reuters. "Die Tatsache, dass wir ihn als Vizepräsidenten akzeptiert haben, zeigt doch schon, dass wir ihn als einen von uns sehen."

Mehrfach schon hat Scott gezeigt, dass er die Mehrheit der Sambier repräsentiert: Er hat den Schulterschluss geübt mit seinem populistischen Vorgänger Michael Sata und hat gute Beziehungen zu Simbabwes Staatschef Robert Mugabe. Wenn man Scott auf kontroverse Themen anspricht, wie etwa die Rechte von Homosexuellen, dann zeigt seine Reaktion, dass er sich entschieden hat, auf der Seite der Massen zu stehen: Sambia habe größere Probleme, als die Rechte einer kleinen Minderheit, antwortet er dann.

Der Übergangspräsident

Es ist eine logische Konsequenz, dass Guy Scott jetzt Interimspräsident wird. Die Wähler wussten im September 2013, dass sie mit der Stimme für Sata genauso für Scott als Vize stimmen - und ihm damit das Recht geben würden, zu übernehmen, sollte der Präsident sterben.

Die Tatsache, dass Scotts Eltern nicht in Sambia geboren wurden, disqualifiziert ihn allerdings für eine Kandidatur bei den nächsten Präsidentschaftswahlen in drei Monaten. Schon Sambias zweiter Präsident, Frederick Chiluba, ließ die Verfassung ändern, um seinen Vorgänger, Kenneth Kaunda, an einer erneuten Kandidatur zu hindern, weil dessen Eltern aus dem benachbarten Malawi stammten. Die Tatsache, dass Scott sich nicht ums Präsidentenamt bewerben kann, könnte auch bedeuten, dass er weniger als andere Politiker in seiner Partei versuchen wird, sich in Position zu bringen.