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Wahlsieg dank Angst und Schrecken

Koepp Dirke Kommentarbild App
Dirke Köpp
24. Juli 2015

Amtsinhaber Pierre Nkurunziza hat die Präsidentenwahl in Burundi gewonnen. Dieser Sieg ist keine Überraschung, aber eine Gefahr für das Land, meint Dirke Köpp.

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Mann an Wahlurne in Burundi
Bild: Reuters/M. Hutchings

Mehr als 80 Tote, unzählige Verletzte, hunderte willkürliche Verhaftungen und mehr als 175.000 Menschen, die vor Druck und Gewalt im Land geflohen sind: Eine Folge der umstrittenen Kandidatur des derzeitigen Staatschefs Pierre Nkurunziza für die Präsidentenwahl.

Am Freitag hat die burundische Wahlkommission wenig überraschend nun den Sieg Nkurunzizas bei der Wahl von Dienstag verkündet: Der Amtsinhaber habe 69,4 Prozent der Stimmen erhalten.

Fast auf den Tag genau vor drei Monaten hatte Präsident Nkurunziza seine Kandidatur bekannt gegeben. Und das, obwohl seine beiden regulären Amtszeiten laut Verfassung und Friedensvertrag am 26. August 2015 ablaufen und er nicht wieder antreten darf. Er aber verteidigt seine Kandidatur mit einer fragwürdigen Interpretation der Verfassung.

Fragwürdiger Prozess

Einen Tag später begann der offene Protest gegen das, was von Opposition und Zivilgesellschaft als "Verfassungsputsch" wahrgenommen wird. Diverse Vermittlungsversuche scheiterten - der letzte Versuch zwei Tage vor der Wahl. Obwohl es in den Gesprächen auch um eine mögliche Wahlverschiebung gegangen war, erklärte die Regierung danach mit Chuzpe, man könne ja auch nach der Wahl noch verhandeln. Trotz Boykotts tauchten die Namen der Oppositionskandidaten auf den Wahlzetteln auf. Ein fragwürdiger Prozess.

Ebenso fragwürdig: Trotz gähnender Leere in vielen Wahllokalen soll die Beteiligung bei beeindruckenden 73 Prozent gelegen haben. Eine größere Wahlbeteiligung als zur Bundestagswahl 2013 in Deutschland also. Obwohl es dort vorher keine wochenlangen, blutigen Proteste und auch keinen Boykott durch die Opposition gegeben hatte. Dafür aber eine intakte und lebendige Medienlandschaft - anders als in Burundi, wo alle Medien außer dem Staatsfunk nach einem Putsch mundtot gemacht worden waren.

Druck, Angst und Schrecken

Die Zahlen sind schwer zu überprüfen, da es keine internationalen Wahlbeobachter gab. Klar ist aber: Es wurde Druck auf die Wahlberechtigten ausgeübt, Angst und Schrecken verbreitet. Nicht nur in der Heimatprovinz des Präsidenten. Überall schauten regimetreue Schergen und die Jugend-Miliz der Regierungspartei genau hin, wer zur Wahl ging und wer wo das Kreuzchen machte.

Dirke Köpp
Dirke Köpp leitet die Französisch-Redaktion der Deutschen Welle

Fragwürdig ist auch der Sieg des Kandidaten Nkurunziza. Er führt sein Land sehenden Auges in einen Bürgerkrieg. Der letzte Bürgerkrieg in Burundi hatte mehr als 300.000 Tote gefordert. Die Opposition hat bereits angekündigt, den Wahlsieg nicht anzuerkennen. Sie will eine Parallelregierung ausrufen. Auch scheint sie bereit zu sein, notfalls zu den Waffen zu greifen. Ein beängstigendes Szenario.

In der Côte d'Ivoire hat ein ähnlicher Machtkampf um die Präsidentschaft vor fünf Jahren in wenigen Wochen bis zu 5000 Tote gefordert. Nkurunziza muss zur Vernunft gebracht werden, damit er nicht weiter unnötig Menschenleben aufs Spiel setzt. Dafür müssen allerdings auch China und Russland mitspielen, die gerade dabei sind, in Burundi den Platz der europäischen Geberländer einzunehmen, statt mit diesen an einem Strang zu ziehen, um die Krise zu beenden.