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Ein Premier auf der Eselsbank

Schwartz Robert Kommentarbild App
Robert Schwartz
23. September 2015

Der rumänische Premierminister Victor Ponta muss sich wegen vermuteter Geldwäsche, Aktenfälschung und Steuerhinterziehung vor Gericht verantworten. Ein Rücktritt Pontas ist längst fällig, meint Robert Schwartz.

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Rumänien Victor Ponta Premiminister
Bild: picture-alliance/epa/R. Ghement

Als Hoffnungsträger hatte er vor fünf Jahren den Vorsitz der rumänischen Sozialdemokraten (PSD) übernommen. 2012 zog er in den Regierungspalast ein, jetzt ist er ein Premier auf Abruf: Victor Ponta, einst Musterschüler der Linken, dann des Plagiats überführt und nun auf der Eselsbank. Der freie Fall des Politikers, der seinen Kopf schon so oft mit Halbwahrheiten aus der Schlinge ziehen konnte, ist nicht mehr aufzuhalten. Noch steht die Mehrheit seiner Parteikollegen hinter ihm, aber die Luft wird dünner für den Mann, den der Volksmund gern "Pinocchio" nennt.

Verlust der akademischen Titel

Nicht nur die politische, auch die akademische Karriere Pontas ist von einer ganzen Reihe von Rückziehern und Niederlagen markiert. Kurz nach Amtsantritt als Regierungschef musste er einen Mastertitel aus seinem Lebenslauf streichen, den er nie erworben hatte. Auch seinen Doktortitel gab er 2014 mehr oder weniger freiwillig ab, nachdem er des Plagiats überführt worden war. Pontas Doktorvater war sein politischer Lehrmeister, der frühere sozialdemokratische Ministerpräsident Adrian Nastase. Jener Nastase, der wegen Korruption zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt und vergangenes Jahr auf Bewährung freigelassen wurde.

Politisch hat Ponta seine ersten Kratzer bald nach seinem Amtsantritt als Premierminister abbekommen, als er im Sommer 2012 mit allen Mitteln versuchte, den damaligen konservativen Staatschef Traian Basescu zu entmachten. Europa war geschockt und sprach von einer Staatskrise, einer versuchten Gängelung der Justiz und sogar von der Aushebelung des Rechtsstaates. Pontas Versuch scheiterte kläglich - und doch blieb er im Sattel. Seine Partei und die alten Seilschaften im rumänischen Parlament garantierten sein politisches Überleben, weil der nächste Coup bevorstand: die Präsidentschaftswahlen im November 2014.

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Robert Schwartz leitet die Rumänische Redaktion der DW

Auch als Präsidentschaftskandidat gescheitert

Der Plan der PSD war einfach und alle Umfragen gaben ihnen Recht: Ponta schien der aussichtsreichste Kandidat für das höchste Amt im Staat zu sein. Mit ihm als Präsident wäre man die lästige Kohabitation mit einem konservativen Staatschef endlich los. Durch einen schmutzigen nationalistischen Wahlkampf versuchte Ponta seinen liberalen Gegenkandidaten Klaus Iohannis vor allem aufgrund seiner Zugehörigkeit zur deutschen Minderheit in Rumänien bei den Wählern zu diskreditieren. Doch die Rechnung ging abermals nicht auf: Ponta verlor im zweiten Wahlgang, dachte öffentlich über einen Rücktritt nach - und blieb Premierminister.

Jetzt wird ihm wegen vermuteter Aktenfälschung, Steuerhinterziehung und Beteiligung an Geldwäsche der Prozess gemacht. Eine wiederholte Aufforderung des Präsidenten zum Rücktritt wies er energisch zurück. Den Imageschaden für sein Land nimmt Ponta erneut lächelnd in Kauf. Die PSD steht zwar offiziell noch zu ihm, doch hinter den Kulissen brodelt es: Am kommenden Dienstag soll im Parlament über einen Misstrauensantrag der liberalen Opposition gegen die Regierung abgestimmt werden. Es ist höchste Zeit, dass sich die Abgeordneten ihrer Verantwortung stellen und den Premierminister von der Last seines Amtes befreien. Die Chance, mit Anstand von der politischen Bühne abzutreten, hat Ponta ohnehin längst verpasst.

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