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Diskriminierung kann man nicht verbieten

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Jan D. Walter
9. August 2016

Seit zehn Jahren gilt nun das Antidiskriminierungsgesetz. Doch diskriminiert wird weiterhin. Wie könnte es auch anders sein? Schon die Idee des Gesetzes ist unsinnig - und unmoralisch obendrein, meint Jan D. Walter.

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Symbolbild Valentinstag Schwules Paar Pärchen Homosexualität
Bild: Fotolia/frankdaniels

"Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich." So steht es in Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Eigentlich wäre damit alles gesagt. Doch der Artikel geht weiter und führt bestimmte Kriterien wie Geschlecht, Abstammung und Weltanschauung auf, wegen denen Menschen weder bevorzugt noch benachteiligt werden darf. (Wegen einer Behinderung darf man übrigens lediglich nicht benachteiligt, wohl aber bevorzugt werden.)

Jahrzehntelang haben Parlamentarier damit gerungen, Gesetze anzupassen, die diesen Grundsätzen widersprechen - besonders prominent sind die Änderungen des Familienrechts: Zunächst wurde den Ehemännern das Entscheidungsrecht über ihre Frauen genommen, 1970 die Diskriminierung der nicht-ehelichen gegenüber den ehelichen Kindern beseitigt, 2001 begann mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare.

Immerhin. Doch abgeschlossen ist die gesetzliche Gleichstellung aller Menschen damit noch nicht. Laut Grundgesetz könnten zum Beispiel Männer weiterhin zum Wehrdienst verpflichtet werden, Frauen nicht.

Verordnete Gleichstellung ist unmoralisch

Statt die verbliebenen gesetzlichen Diskriminierungen endgültig zu beseitigen, soll nun seit genau zehn Jahren das Antidiskriminierungsgesetz für faktische Gleichstellung sorgen. Demnach müssen Menschen nicht nur vor dem Gesetz, also vom Staat, sondern auch im privatrechtlichen Raum gleich behandelt werden.

So richtig der Gedanke sein mag - in ein Gesetz gegossen ist er unmoralisch. Denn das unterwandert gleich mehrere andere Grundrechte, zum Beispiel: die Meinungsfreiheit, die freie Entfaltung der Persönlichkeit, die Freiheit des Glaubens und das Recht am Eigentum.

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DW-Redakteur Jan D. Walter

Grundsätzlich ist es erlaubt, Bewerbungsunterlagen ohne nähere Prüfung in den Papierkorb zu werfen, einzelnen Personen den Zutritt zur eigenen Gaststätte zu verweigern oder zu frei entscheiden, wem man sein Haus oder seine Wohnung vermietet. Und das ist auch richtig so, denn andernfalls sollte man konsequenterweise das Privateigentum gleich ganz abschaffen.

Menschen zu zwingen, entgegen ihrer Überzeugung zu handeln, ist laut Grundgesetz sogar verboten. Wäre es anders, müssten wir die Freiheit aus unserem Wertekanon streichen. Das Antidiskriminierungsgesetz aber verkehrt all diese Grundsätze ins Gegenteil - sobald ein bestimmtes Motiv dahinter steht.

Gedanken sind nicht bestrafbar

Um die Absurdität dieser Idee zu erkennen, genügt es, sich zu fragen, wie man solch ein Motiv nachweisen soll, wenn der "Täter" es nicht unumwunden zugibt. Das war auch den Autoren des Gesetzes klar. Deshalb haben sie es so eingerichtet, dass ein Kläger lediglich Indizien vorlegen muss, um den Angeklagten in die Beweispflicht zu bringen, er habe nicht diskriminierend entschieden. Eine Unschuldsvermutung gibt es hier also nicht.

Damit kein Zweifel aufkommt: Pauschale Diskriminierung ist unzeitgemäß, engstirnig und - je nach dem - menschenverachtend. Das ist glücklicherweise weitreichender Konsens in Deutschland. Diejenigen, die dennoch diskriminieren, können wir kritisieren, schneiden, anschwärzen, mit Miss- oder gar Verachtung strafen. Aber wir können ihnen ihre Meinung nicht verbieten. Die Gedanken sind nun einmal frei - wie abscheulich sie auch sein mögen.

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Jan D. Walter Jan ist Redakteur und Reporter der deutschen Redaktion für internationale Politik und Gesellschaft.