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Wachstum trotz Krise

Karl Zawadzky15. Mai 2008

Trotz Finanzkrise, hohen Energiepreisen und teurem Euro ist die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal dieses Jahres so stark gewachsen wie seit Jahren nicht mehr. Das wird wahrscheinlich so bleiben, meint Karl Zawadzky.

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Der geballte wirtschaftliche Sachverstand geht für dieses Jahr von einer Abschwächung des Wirtschaftswachstums aus. Denn natürlich werden die Finanzkrise, die hohen Erdöl- und Erdgaspreise und der teure Euro das Wachstum bremsen. Doch die deutsche Wirtschaft ist überaus robust, vielleicht sogar robuster als viele Experten annehmen.

Dafür spricht die überraschend starke Zunahme der Wirtschaftstätigkeit im ersten Quartal. Hatte das Bruttoinlandsprodukt im Zeitraum Oktober, November und Dezember 2007 nur um 0,3 Prozent zugenommen, ist die gesamtwirtschaftliche Leistung in den ersten drei Monaten 2008 um 1,5 Prozent gestiegen. Das ist eine sensationelle Zunahme, die allerdings nicht zu falschen Schlüssen verleiten darf. Denn bei näherem Hinsehen werden Gründe für die unerwartete Wachstumsstärke und Tendenzen erkennbar, die die weitere Entwicklung beeinflussen werden.

Der Konjunkturmotor schaltet auf Inland um

Karl Zawadzky (Quelle: DW)
Karl ZawadzkyBild: DW

Der Konjunkturmotor, der über Jahre hinweg von immer neuen Exportrekorden angetrieben wurde, hat auf das Inland umgeschaltet. Vom Ausland kamen im ersten Quartal nur noch wenig belebende Impulse. Ausschlaggebend dafür sind die Zunahme und insbesondere die Verteuerung der Importe, etwa bei Erdöl und Erdgas, aber auch der teure Euro, der bei den deutschen Exporten Bremsspuren verursacht. Dadurch ist der Außenhandelsüberschuss kräftig gesunken.

Gestiegen sind dagegen die inländischen Investitionen. Das hat seinen Grund darin, dass viele Unternehmen ihre Produktionskapazitäten modernisieren oder ausweiten. Weitere und vielleicht entscheidende Gründe waren das Auslaufen von steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten am Jahresende 2007 und der fast totale Ausfall von Schnee und Eis im Winter. Viele Investitionsvorhaben sind nicht pünktlich abgeschlossen und dadurch in das neue Jahr übertragen worden, was die Statistik aufbläht. Hinzu kommt, dass wegen der ganz ungewöhnlich milden Witterung der sonst übliche Einbruch der Bautätigkeit ausgeblieben ist. Im Vergleich mit dem ersten Quartal des Vorjahres hat die Bautätigkeit geradezu dramatisch zugenommen.

Die Massenkaufkraft steigt wieder an

Das heißt: Die ungewohnt milde Witterung zu Beginn dieses Jahres hat den Anstieg der Wirtschaftsleistung in der Statistik überzeichnet. Insofern ist bei der Berechnung für das laufende zweite Quartal 2008 ein statistischer Rückfall programmiert. Aber die deutsche Wirtschaft bleibt auf Wachstumskurs. Bereits im ersten Quartal hat auch der über viele Jahre hinweg schwächelnde private Konsum zugenommen.

Die Zunahme der Beschäftigung um 1,8 Prozent im Vergleich zum Frühjahr 2007 sowie die inzwischen erfolgten und für den weiteren Jahresverlauf zu erwartenden Tarifsteigerungen sprechen für einen Anstieg der Massenkaufkraft, wie es ihn seit Jahren nicht mehr gegeben hat. Das wird dem Konsum Auftrieb geben. Die deutsche Wirtschaft wächst aus eigener Kraft.

Wachstumslokomotive in Europa

Die Anzeichen sprechen dafür, dass sich die Bundesregierung mit ihrer Prognose eines Wirtschaftswachstums von 1,7 Prozent auf jeden Fall auf der sicheren Seite befindet. Schon halten Wirtschaftsforscher ein Wachstum von zwei Prozent oder leicht darüber für möglich. Besonders erfreulich ist dabei der Rückgang der Preissteigerung. Die hat sich von 3,1 Prozent im März auf 2,4 Prozent im April abgeschwächt.

Auch im Vergleich mit den übrigen Ländern der Europäischen Union zeigt sich, dass die deutsche Wirtschaft eine der Wachstumslokomotiven in Europa ist und regelrecht durch die Krise brummt. Denn: Während die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal um 1,5 Prozent zugenommen hat, ist die Wirtschaftsleistung in der EU lediglich um 0,7 Prozent gestiegen. Das aber heißt: Es gibt für die außerordentlich exportabhängige deutsche Wirtschaft eine weitere Gefahr: die Konjunkturschwäche in den EU-Partnerländern.

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