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Der Skandal setzt sich fort

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Robert Schwartz
29. September 2015

Im rumänischen Parlament ist der Misstrauensantrag der liberalen Opposition gegen den sozialdemokratischen Premierminister Victor Ponta gescheitert. Ruhe wird dennoch nicht eintreten, meint Robert Schwartz.

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Rumänien Victor Ponta in Bukarest
Bild: picture-alliance/dpa/R. Ghement

Der rumänische Premierminister Victor Ponta ist nicht mehr tragbar. Das sagen nicht nur Staatspräsident Klaus Iohannis und die liberale Opposition (PNL). Auch Politiker aus dem Regierungslager geben das mehr oder minder offen zu. Bemerkenswert ist, dass sich sogar immer mehr Sozialdemokraten von ihrem einstigen Hoffnungsträger distanzieren. Aber wenn es um Abstimmungen im Parlament geht, dann herrscht eiserne Parteidisziplin. Schließlich geht es um den Machterhalt.

Der einstige Hoffnungsträger am Ende

Dabei steht die Sozialdemokratische Partei (PSD) vor einem Scherbenhaufen: Ihr Premierminister muss sich wegen Korruption und Betrugs vor Gericht verantworten. Rumänien ist das einzige Land in der Europäischen Union, in dem gegen einen amtierenden Regierungschef ein Prozess läuft. Alle Rücktrittsforderungen - auch die aus dem Mund des Staatspräsidenten - hat Ponta bisher ignoriert.

Der Image-Schaden für sein Land scheint ihn nicht zu kümmern, obwohl die Liste seiner Verfehlungen inzwischen beachtlich ist. Doch weder das nachgewiesene Plagiat seiner Doktorarbeit noch die wiederholten Angriffe auf Justiz und Rechtsstaat und auch nicht die aktuellen Vorwürfe der Staatsanwaltschaft konnten ihn zu dem moralisch längst fälligen Schritt bewegen.

Somit geht das Spiel um den kompromittierten Premierminister in die nächste Runde. Und die ist bereits terminiert: Am 11. Oktober will die PSD einen neuen Parteivorsitzenden wählen. Eine Woche darauf sollen dann auf einem außerordentlichen Parteitag die Weichen für einen Neuanfang gestellt werden. Der Vorgang scheint abgekartet zu sein: Die Sozialdemokraten und vor allem ihre kleineren Koalitionspartner wollten Ponta nicht stürzen lassen, um die Regierungsgeschäfte nicht an die liberale Opposition abgeben zu müssen. Stattdessen will nun die PSD nach ihrem Parteitag einen neuen Premierminister vorschlagen, der dann vom Präsidenten ernannt und durch die regierende Mehrheit im Parlament bestätigt wird.

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Robert Schwartz leitet die Rumänische Redaktion der DW

Die PSD wäre gut beraten, in diesem politischen Spiel das Wesentliche nicht aus den Augen zu verlieren: Wenn sie ihre regelmäßigen Angriffe auf den Präsidenten aus dem liberal-konservativen Lager fortsetzt, verstärkt sie nur die Blockade, in der sich das Land nun schon seit über drei Jahren befindet. Und die Grabenkämpfe zwischen Ponta und dem früheren Staatschef Traian Basescu haben Rumänien auf der europäischen Bühne nicht unbedingt als verlässlichen Partner ausgewiesen. Beides muss sich schnell ändern.

Auch Opposition und Präsident müssen Konsequenzen ziehen

Der gescheiterte Misstrauensantrag hat aber noch etwas klargestellt: Die liberale Opposition ist weiterhin nicht in der Lage, im Parlament einen Regierungswechsel herbeizuführen. Auch die PNL wird sich die Frage stellen müssen, mit welchen Personen und vor allem mit welchen Inhalten sie sich neu aufstellen will. Einige ihrer Spitzenvertreter waren bis Anfang vergangenen Jahres noch eifrige Verfechter Pontas und der damaligen sozial-liberalen Allianz. Man darf annehmen, dass opportunistische Funktionsträger in beiden Parteien auch nach dem Bruch des Bündnisses gemeinsame Interessen verfolgen, die jenseits der Politik liegen.

Durch die politische Landschaft Rumäniens muss endlich ein Ruck gehen. Und dieser Ruck kann nur vom Präsidenten ausgehen. Die Wähler erwarten von Klaus Iohannis, dass er seine Vision von einer anders gearteten Politik nun umsetzt. Das wird eine absehbar schwere Geburt, doch der Zeitpunkt ist jetzt, neun Monate nach seinem Amtsantritt, definitiv gekommen.

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