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Kommentar: Das Wahljahr bleibt spannend

Jochen Vock19. Januar 2009

Nach der Landtagswahl in Hessen wird dort künftig eine so genannte bürgerliche CDU/FDP-Koalition die Regierung stellen. Eine Vorentscheidung für die Bundestagswahl ist dies aber noch nicht, meint Jochen Vock.

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Symbolbild Kommentar (Quelle: DW)
Bild: DW

Ist schon alles gelaufen im deutschen Superwahljahr 2009? CDU und FDP taten bereits Minuten nach Schließung der Wahllokale am Sonntag (18.01.2009) in Hessen so, als ob dies so wäre. Als ob schon jetzt feststünde, dass CDU-Chefin Angela Merkel und FDP-Obmann Guido Westerwelle am 27. September eine schwarz-gelbe Bundesregierung aus der Taufe heben werden. Und eigentlich wollen Union und FDP ja jetzt schon in der bürgerlichen Koalition regieren. Westerwelle will seinen neugewonnenen Machthebel im Bundesrat nutzen, denn durch das hessische Wahlergebnis haben sich in der Länderkammer die Machtverhältnisse verschoben: Hier hat die Große Koalition ihre hauchdünne Mehrheit verloren. Beispielsweise will die FDP das von der CDU/SPD-Koalition beschlossene Konjunkturpaket nachverhandeln.

Keine Mehrheit

Jochen Vock (Quelle: DW)
Jochen VockBild: DW

Eine solche Nebenregierung ist verlockend - aber es bleibt festzuhalten: Im Fünf-Parteien-Bundestag hat die Kanzlerin derzeit keine CDU/FDP-Mehrheit. Hessen hat zwar gezeigt, dass es auch in einem Fünf-Parteien-Parlament eine solche bürgerliche Mehrheit geben kann. Doch bis zur Neuwahl des Bundestages gehen noch acht Monate ins Land, werden vier weitere Landtage gewählt, ebenso wie das Europaparlament und mehr als die Hälfte der deutschen Stadt- und Kreisräte.

Noch hat die Wirtschaftskrise das Land nicht mit voller Härte getroffen. Bisher können linke Kapitalismus-Kritiker ihre Basis nicht erweitern, und bisher scheint in der Krise die Losung des ersten deutschen Bundeskanzlers Konrad Adenauer - "Keine Experimente" - die Wähler eher anzusprechen, und die Reflexe gegen links funktionieren wie ehedem.

Mobiler als früher

Doch die deutschen Wähler sind viel mobiler geworden als früher. Traditionelle Parteienbindungen werden immer brüchiger - und vor allem das Interesse an Wahlen generell sinkt dramatisch. Das zeigt die sehr schwache Beteiligung in Hessen. Bis kurz vor der Wahl wussten mehr als ein Drittel der Wähler nicht, wie sie sich entscheiden sollten.

Das alles bündelt sich in dem heftigen Auf und Ab der Parteistimmen binnen eines Jahres in Hessen. Da sind acht Monate bis zur Bundestagswahl eine lange Zeit. Für die SPD bietet sie die Möglichkeit, über die ausgeteilten Denkzettel zu sinnieren und wieder Fuß zu fassen. Für die Union, die ja mit Kanzlerin Angela Merkel an der Regierung bleiben will, am liebsten mit FDP-Hilfe, wachsen die Bäume unterdessen nicht in den Himmel. Schließlich ist in Hessen die Zahl der CDU-Wähler weiter gesunken - der minimale Prozentanstieg ist nur der geringeren Wahlbeteiligung geschuldet. Und erst unlängst fuhr die kleine Schwester CSU in Bayern ein schlechtes Ergebnis ein. Ob die FDP den hessischen Höhenflug bis zum Herbst fortsetzen kann, ist ungewiss. Auch die hessischen Ergebnisse für Grüne und Linke lassen sich nicht einfach bundesweit hochrechnen - vor allem nicht in den ostdeutschen Ländern. Fazit: Mit Hessen ist längst nicht alles entschieden - das deutsche Superwahljahr bleibt spannend.