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Politik

Contra: AfD wählen - Ist das euer Ernst?

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Jens Thurau
1. Oktober 2017

Die Wähler beschimpfen, das macht man eigentlich nicht. Aber nach diesem Ergebnis der Bundestagswahl geht es wirklich nicht anders. Und irgendwann ist schließlich immer das erste Mal, meint Jens Thurau.

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Deutschland Demonstration gegen die AfD
Bild: picture-alliance/dpa/B. Roessler

Fünf Millionen, achthundertsiebenundsiebzigtausend und vierundneunzig. Fast sechs Millionen. So viele Menschen haben am vergangenen Sonntag die AfD  gewählt, die nichts, aber auch gar nichts zur weiteren Entwicklung des Landes beitragen wird. Die das teilweise auch ganz offen sagt. Zukunft der Renten? Keine Idee. Klimawandel? Gibt es den überhaupt? Egal. Hauptsache: Aggression, Ressentiment, Hass auf alles Fremde. Entsorgung von Menschen mit deutschem Pass im Ausland, weil sie türkische Wurzeln haben. Armes Deutschland.

Was bewegt den AfD-Wähler?

Man schimpft ja nicht auf die Wähler. Streng verboten. Nur weil die Partei zum Teil rechtsextrem ist, immer extremer wird, sich wenige Stunden nach der Wahl streitet und zerlegt, wie es noch alle extrem rechten Gruppierungen getan haben, heißt das ja nicht, dass der Wähler was falsch gemacht hat. Gott bewahre. Auf die Wähler wollen alle anderen Parteien "zugehen" (obwohl sie in der Regel dabei ja eher niedergebrüllt werden). Kommentatoren und Politexperten zermartern sich das Gehirn: Der AfD-Wähler - kulturell abgehängt? Ein Mensch, der sich Sorgen macht um die Zukunft, die Kanzlerin nicht mehr versteht, extrem verunsichert ist? Ein Gefühl der Ohnmacht ausdrückt?

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Jens Thurau ist Korrespondent im Hauptstadtstudio

Ich möchte dann doch noch einmal eine andere mögliche Erklärung hinzufügen: Experten teilen schon lange die Ansicht, dass zwischen 15 und 20 Prozent der Menschen in Deutschland antidemokratisch und teilweise rassistisch eingestellt sind. Die wünschen sich ein Land, das "irgendwie" kulturell und ethnisch homogen ist, deutsch halt. Sie sagen dann "zurückwünschen", obwohl es ein solches Land nie gab. Diese Menschen berufen sich jetzt auf dieses diffuse Gefühl: Wir trauen den Regierenden nicht mehr, wir sind besorgt, wir spüren Unsicherheit. Das klingt dann nicht so fies wie: "Ich will keine Ausländer hier." Und: "Die Demokratie ist mir egal." Das sind nicht alle AfD-Wähler, aber jetzt mal ehrlich: Es sind viele.

Die AfD wird kein einziges Problem lösen

Hat das Land das verdient? In Kommunen, in den Länder und im Bund sorgen sich viele Politiker wirklich um die Dinge. Viele von ihnen sind am Wochenende böse abgestraft worden. Anders ausgedrückt: Sie wurden unter Wert verkauft. Denn im Großen und Ganzen funktioniert das Land gut. Das sehen in allen Umfragen die Deutschen selbst so. Nicht wenige Länder der Erde schauen voller Neid darauf, wie die Deutschen das so organisieren. Es werden Fehler gemacht, klar: Die Flüchtlingspolitik hat die Kanzlerin mehr von oben verordnet als erklärt. Brücken und Straßen und Schulen sind kaputt. Wir hinken digital hinterher. Arm und Reich trennt immer mehr. Alles richtig. Aber deshalb die Lösungsverweigerer von der deutsch-national-rassistischen Seite wählen? Ist das euer Ernst, ihr AfD-Wähler?

Offenbar. Aber wenn ihr meine Meinung hören wollt: Eure Truppe im Bundestag wird nicht ein drängendes Problem wirklich lösen. Sie wird pöbeln und das Klima vergiften. Und sich über die Aufmerksamkeit der "Lügenpresse" freuen. Jedes Mal, wenn sie die Regeln von Anstand und Fairness brechen wird, also wohl täglich.

Das wird man doch wohl noch sagen dürfen, oder?

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