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"China 8" hinterfragen!

Stefan Dege13. Mai 2015

Das Ausstellungsprojekt "China 8" bringt chinesische Kunst nach Deutschland. Den Startschuss gibt Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Doch wie verdaulich wird das Kunstspektakel? Stefan Dege kommentiert.

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China 8 Ausstellung Xiang Jing
Bild: Xiang Jing

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt: Kultur als Türöffner, Wandel durch Annäherung - sind das die Hintergedanken der Macher von "China 8"? Das läge nahe, denn nach wie vor ist China ein gigantischer, milliardenschwerer Markt für deutsche Firmen. Kein Global Player kann es sich erlauben, dort nicht vertreten zu sein. Einziger Schönheitsfehler: China ist kein freies und kein demokratisches Land. Menschen werden verfolgt, weil sie anders denken als die kommunistische Partei, weil sie öffentlich Kritik am Regime äußern.

Sicherlich keine idealen Produktionsbedingungen für Künstler: Denn wie frei sind Künstler in einem repressiven Regime? Welche Themen können sie aufspießen? Welcher Sprache müssen sie sich bedienen, ohne dafür ins Gefängnis zu wandern oder gar die Todesstrafe zu riskieren? Anders herum gefragt: Wie subversiv müssen chinesische Künstler in ihrer Heimat agieren, um überhaupt arbeiten zu können?

Porträt - Stefan Dege
DW-Kulturredakteur Stefan DegeBild: DW/K. Dahmann

Ai Weiwei steht für ein freies China

In dieser Frage hat Ai Weiwei mutig Maßstäbe gesetzt. Der chinesische Konzeptkünstler, Bildhauer, Filmemacher und Kurator hat sich nicht gebeugt. Wegen regimekritischer Äußerungen wurde er inhaftiert. Polizisten zertrümmerten sein Atelier in Shanghai. Lange durfte er das Land nicht verlassen. Doch publikumswirksam legte er den Finger in Wunden, die erst durch harsche Reaktionen Pekings sichtbar wurden: Umweltzerstörung, Traditionsverlust, Korruption, Zensur und Rechtsbeugung. Ai Weiwei betrat die globale Bühne der Kunst – unter anderem bei der Documenta in Deutschland - und schwang sich so zum Botschafter eines freien China auf.

Bei "China 8" ist Ai Weiwei nicht vertreten. Er lehnte es ab, an dem - allein von privaten Sponsoren - bezahlten Kulturprojekt teilzunehmen. Gründe nannte er nicht. Zweifelt er an der Tragfähigkeit der deutsch-chineischen Kulturbrücke? Übt er Kritik an einer Verquickung deutscher Wirtschaftsinteressen mit der staatlich-gelenkten Kulturpolitik in China? Ai Weiwei nicht falsch zu interpretieren, darin liegt derzeit wohl die größte Herausforderung.

China-Experten mögen die Künstlerliste von "China 8" misstrauisch beäugen. Und Fragen nach möglicher Zensur bleiben unbeantwortet. Gleichwohl ist Ai Weiwei nicht der einzige Künstler Chinas. Die Kunstschau mit rund 500 Werken von 120 chinesischen Künstlern gewährt spannende Einblicke in das Reich der Mitte. Kritische Neugier fördert die Freiheit der Kunst. Und gerade die haben Chinas Künstler verdient.

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