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Ayotzinapa war nicht vergebens

Herrera Pahl Claudia Kommentarbild App
Claudia Herrera-Pahl
26. September 2015

Seit genau einem Jahr werden 43 Studenten in Mexiko vermisst. Das bis heute unaufgeklärte Verbrechen hat den Staat erschüttert. Was vor allem den Eltern der Ermordeten zu verdanken ist, meint Claudia Herrera-Pahl.

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Mexiko Demonstration vermisste Studenten
Bild: picture-alliance/dpa/S. Gutierrez

Auch 365 Tage nach dem Verschwinden der 43 Studenten ist immer noch unklar, was genau an diesem tödlichen 26.September 2014 in den Straßen von Iguala passierte. Es war eine Nacht des Terrors, eine Nacht des unbeschreiblichen Horrors. Aber obwohl inzwischen viele verschiedene Versionen existieren - die Wahrheit fehlt weiterhin.

Die gesamte Zivilgesellschaft trauert

Ein Szenario, das auf den ersten Blick deprimierend und entmutigend wirkt. Aber nur für den oberflächlichen Beobachter. Denn wenn nun die Angehörigen der Verschwundenen an diesem 26. September an ihre Kinder erinnern, dann sind sie nicht allein: An diesem ersten Jahrestag wird die mexikanische Zivilgesellschaft zusammen mit internationalen Unterstützern nicht nur die Verschwundenen ehren, sondern auch und besonders deren Eltern. Die Eltern, welche die Nation Tag für Tag daran erinnern, dass es unantastbare Rechte gibt, für die man kämpfen muss.

Seit einem Jahr führen die Eltern diesen Kampf nun schon. Viele haben ihre Methoden kritisiert, die zuweilen uangemessen waren. Viele halten sie für politisch manipuliert. Aber was hätten diese Eltern denn tun sollen? "Den Moment des Schmerzes überwinden", wie es ihnen Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto im Dezember 2014 vorschlug? Akzeptieren, dass der Fall geschlossen wird, wie es der mexikanische Generalstaatsanwalt einen Monat später tun wollte, mit den Worten, dass “die historische Wahrheit über die Ereignisse” nun fest stehe? Eine Wahrheit, die für ihn darin bestand, dass die jungen Leute alle tot seien, Opfer eines ausufernden Gewaltaktes des Drogenkartells 'Guerreros Unidos'.

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Claudia Herrera-Pahl leitet die Spanische Online-Redaktion der DW

Eine umfassende Untersuchung der schrecklichen Nacht vor einem Jahr - die noch nicht abgeschlossen ist - hat diese "historische Wahrheit" der mexikanischen Behörden in der Luft zerrissen. Diese Untersuchung und die Einsetzung einer Expertengruppe der interamerikanischen Menschenrechtskommission hätte es nie gegeben, wenn die Eltern von Ayotzinapa ihren Kampf nicht eisern und ungebrochen fortgeführt hätten.

Die Stille der Angst durchbrechen

Diese Eltern haben uns gezeigt, dass "historische Wahrheiten" vor allem vor den Opfern bestehen müssen. Nur sie allein können einer Wahrheit Legitimität verschaffen. Diese Eltern haben uns gelehrt, dass die Stille durchbrochen werden kann, die aus der Angst entsteht, und sie haben uns gezeigt, dass es weder Titel noch Reichtum braucht, um das Richtige zu tun. Die Eltern von Ayotzinapa geben uns Zuversicht für die Zukunft.

In Mexiko gibt es Tausende von Verbrechen, die aufgeklärt werden müssen. Dieses Land steht in der Schuld gegenüber mehr als 25.000 Vermissten. "Wir können nicht nach Hause gehen, bevor wir wissen, was mit unseren Kindern passiert ist" - ein schlichter Satz, der für viel mehr steht: für das Recht auf Wahrheit und Gerechtigkeit. Ayotzinapa war nicht vergebens.

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