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2014 - Ein Jahr der Umbrüche

Alexander Kudascheff31. Dezember 2014

Die Welt ist nicht besser geworden im abgelaufenen Jahr - im Gegenteil. Ukraine-Krise, Gazakrieg und Aufstieg des IS sind Auslöser des skeptischen Rückblicks von Chefredakteur Alexander Kudascheff.

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Alexander Kudascheff
Bild: DW

Die Welt ist 2014 in Unordnung geraten. Ebola in Afrika. Der Krieg in der Ukraine. Der Aufstieg des mörderischen "Islamischen Staates". Massaker an unschuldigen Schülern in Pakistan. Der Gazakrieg im Nahen Osten. Wahltriumphe von rechtsradikalen Parteien in Europa. Der nicht erklärte Bandenkrieg in Mexiko. Wohin man schaut, auf allen Kontinenten ist die politische, die gesellschaftliche Lage schwierig und unübersichtlich.

In Europa tobt ein Krieg. In der Ukraine, dem Land an der Schnittstelle zwischen Russland und Mitteleuropa, wird erbittert gekämpft. Und der Westen und Russland versinken in einem zähen diplomatischen Stellungskrieg, einer neuen außenpolitischen Eiszeit, in einem erneuten Kalten Krieg.

Wie umgehen mit Wladimir Putin?

Wladimir Putin fordert den Westen und die Regierung in Kiew heraus, indem er die Krim annektiert und im Osten der Ukraine mitmischt und dabei - nach den Sanktionen - selbst im wirtschaftlichen Chaos landet. Der entschlossene Neoimperialist Putin ist am Ende des Jahres gefangen im Absturz des Rubels. Und der Westen, allen voran Europa und besonders die Deutschen, fragen sich: Müssen wir Putin nicht entgegenkommen? Welche Wege gibt es aus der Pattsituation ? Wie können wir den Frieden in Europa wieder herstellen? Auf der Strecke bleibt dabei fast unbemerkt das Schicksal der Ukrainer. Und die einfache Frage: Was könnte Putin tun?

Der amerikanische Präsident, Barack Obama, zeigt sich entschlossener als die meisten Europäer im Umgang mit Putin. Er setzt auf Härte. Doch Obama ist ein Gefangener der Innenpolitik - denn in den USA hat er keine Mehrheit mehr, um etwas durchzusetzen. Zwei Jahre vor den nächsten Präsidentschaftswahlen ist er eine "lame duck". Schwach und wenig durchsetzungsfähig vertritt er eine Großmacht auf dem Rückzug. Eine Großmacht, die sich weniger einmischen will. Und die nachhaltig im Ausland diskreditiert ist durch die wohl systematischen Folterungen von gefangenen Islamisten in Guantanamo und anderswo.

Die USA ohne Einfluss im Nahen Osten

Der geschwundene Einfluss, der verschwundene Wunsch, Politik entscheidend zu gestalten, zeigt sich besonders im Nahen Osten. Im Gazakrieg haben die USA gar keine Rolle gespielt, spielen können. Weder Israel noch die Palästinenser haben sich durch Obama beeindrucken lassen. Und nach dem Gazakrieg ist die politische Lage so ausweglos wie vorher. Immerhin: die USA bekämpfen den "Islamischen Staat" - aus der Luft. Der Westen - auch die Deutschen - bilden die kurdischen Peschmerga-Kämpfer aus und lassen sie die erschreckend mörderischen Islamisten bekämpfen - wie es im Moment aussieht, durchaus mit Erfolg.

Aber: Der IS hat den Nahen Osten in seiner kulturellen, religiösen und politischen Vielfalt zerstört. Überall sind Christen, Jesiden, aber auch Muslime auf der Flucht. In Syrien und im Irak ist der Staat nicht mehr der Hort der gesellschaftlichen Ordnung. Die auch geistige Herausforderung durch die fundamentale Bewegung einer Rückkehr zum angeblich "wahren" Islam wirkt in vielen Ländern und Gesellschaften - im Nahen und Mittleren Osten, aber auch in Afrika. Und da sie entschlossen brutal und terroristisch ist, versinken diese Länder im Bürgerkrieg. Und Millionen Menschen müssen fliehen. Ein Alptraum.

2014 - ein Jahr der Umbrüche. Der Erschütterungen. Der politischen Erdbeben. Ein Jahr der Unübersichtlichkeit und Unordnung. Ein Jahr, in dem die Diplomatie am Ausbruch der nationalistischen und religiösen Wahnvorstellungen scheiterte. Ein hoffnungsloses Jahr.